Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Jutta Krellmann<br />
(A)<br />
der braucht wahrlich keinen Mutterschutz für beschäftigte<br />
Arbeitnehmerinnen.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Sönke Rix [SPD]:<br />
Da haben Sie in Teilen recht, aber nur in Teilen!)<br />
Mit diesem Gesetzentwurf laufen Sie weiter gegen die<br />
Rechte der Beschäftigten Amok. Zuerst haben Sie mit<br />
den Hartz-Gesetzen die Axt an den Schutz der sozialen<br />
Sicherungssysteme gelegt: Sie haben die Bezugsdauer<br />
beim Arbeitslosengeld gekürzt, die Zumutbarkeitsregeln<br />
abgeschafft und Hartz IV eingeführt. Anschließend haben<br />
Sie mit der Agenda 2010 den Arbeitsmarkt zerlegt:<br />
Sie zwangen Menschen in prekäre Beschäftigung und haben<br />
damit den größten Niedriglohnsektor in ganz Europa<br />
geschaffen.<br />
(Maik Beermann [CDU/CSU]: Politik beginnt<br />
mit der Betrachtung der Wirklichkeit!)<br />
Sie nahmen den Beschäftigten die Sicherheit und den<br />
Schutz des Normalarbeitsverhältnisses.<br />
Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Liebe Frau Krellmann, ich habe Sie in den letzten Jahren<br />
bei den intensiven Debatten über den Mutterschutz im<br />
Familienbereich nicht erlebt. Ich muss sagen: Schade! Es<br />
hätte wahrscheinlich viel Spaß gemacht, mit Ihnen darüber<br />
zu diskutieren. Diese Mischung aus Kapitalismuskritik<br />
im Allgemeinen und Unwissenheit über einen vorliegenden<br />
Gesetzentwurf:<br />
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und<br />
der SPD)<br />
Das – darf ich sagen – hat Ihrer Fraktion nicht gutgetan.<br />
Wie bei allen guten Dingen im Leben gilt: Das Beste<br />
dauert – zumindest meistens – neun Monate. Eigentlich<br />
heißt es: „Der Weg ist das Ziel“, aber dieses Mal ist es<br />
das Ergebnis. Auch dieses Gesetz haben wir intensiv<br />
beraten und neun Monate lang diskutiert. – In der Psychoanalyse<br />
wird man vielleicht irgendwann feststellen,<br />
warum Gesetzesberatungen mit der SPD immer neun<br />
Monate dauern.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Dank Ihrer Politik gibt es für viele Menschen nur noch<br />
die Arbeitsschutzgesetze, die zwischen ihnen und den<br />
Arbeitgebern stehen. Diese demontieren Sie jetzt auch<br />
noch. Dass Sie damit bei den Verletzlichsten in der Gesellschaft<br />
anfangen, ist regelrecht ekelhaft.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN –<br />
Maik Beermann [CDU/CSU]: Na, na, na!)<br />
Sie verstehen einfach nicht, dass Beschäftigte im Kapitalismus<br />
per Gesetz geschützt werden müssen.<br />
(Sönke Rix [SPD]: Das sind aber lange vier<br />
Minuten!)<br />
Sie brauchen keine Wahlfreiheiten für alle möglichen<br />
Optionen. Selbst das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt,<br />
dass Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und<br />
Arbeitnehmern eben nicht auf Augenhöhe stattfinden.<br />
(Petra Crone [SPD]: Vier Minuten Redezeit!)<br />
Wenn diese Erkenntnisse und medizinische Grundlagen<br />
nicht das Handeln bestimmen, dann sind wir mittlerweile<br />
im postfaktischen Zeitalter angekommen. So geht<br />
das nicht.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Sönke Rix [SPD]:<br />
Ich glaube, die Uhr der Präsidentin ist stehen<br />
geblieben!)<br />
Finger weg vom Mutterschutz! Arbeitsrechte sind<br />
Schutzrechte! Schutzrechte sind nicht verhandelbar. Deshalb<br />
werden wir als Linke diesem Gesetzentwurf nicht<br />
zustimmen.<br />
(Petra Crone [SPD]: Mit Ihnen brauchen wir<br />
länger!)<br />
Ob man daraus irgendwelche Rückschlüsse ziehen kann,<br />
weiß ich nicht.<br />
Wichtig ist uns, die Bedeutung dieses Themas klarzumachen<br />
– Frau Krellmann, ich komme gleich auf Ihre<br />
Kritik im Einzelnen zu sprechen –; denn genau diese drei<br />
Punkte hatten bei uns in der Diskussion Priorität.<br />
Erstens. Es gibt natürlich kein Wenn und Aber bei den<br />
Themen „Gesundheitsschutz für die Schwangere“ und<br />
„Gesundheitsschutz für das ungeborene Leben“. Das hat<br />
immer oberste Priorität.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.<br />
Sönke Rix [SPD])<br />
Der zweite Punkt ist die Selbstbestimmtheit der Frauen.<br />
Es gibt Veränderungen in der Arbeitswelt. Auch<br />
wir – das gilt also auch für mich – reden gelegentlich<br />
mit Frauen. Dabei haben wir mitgenommen, dass viele<br />
Frauen gesagt haben: Wir wollen doch die Freiheit haben,<br />
zu entscheiden, ob wir möglicherweise bis 22 Uhr<br />
arbeiten. In dem Zusammenhang stimmt Ihre Darstellung<br />
des bisherigen Gesetzes nämlich nicht. Danach gab es<br />
Branchen, die komplett freigestellt waren. Dort mussten<br />
die Frauen bis 22 Uhr arbeiten. Jetzt sagen wir: Die Frau<br />
muss entscheiden, der Arzt muss es bestätigen. Das ist<br />
auch gut so. Danach wird es gemeldet. Wenn dann die<br />
dafür zuständige Behörde sieht, dass es möglicherweise<br />
Probleme mit dem Arbeitgeber gibt, kann auch ein Verbot<br />
ausgesprochen werden. Das ist klug so, weil es die<br />
Selbstbestimmtheit der Frau stärkt.<br />
(D)<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Vizepräsidentin Petra Pau:<br />
Der Kollege Marcus Weinberg hat für die CDU/CSU<br />
das Wort.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Es ist auch nicht verwerflich, wenn man in diesem<br />
Land sagt: Wir wollen doch gerade, dass Frauen eingestellt<br />
werden. Wir wollen, dass Arbeitgeber sagen: Es<br />
macht für mich im Vergleich zu anderen Personen keinen<br />
Unterschied, eine Frau einzustellen, die möglicherweise