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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23031<br />

(A)<br />

(B)<br />

App-Gruppe geplant, zu der sich die Täter zusammenschlossen.<br />

Und ganz aktuell: Nach den jüngsten Anschlägen<br />

in London fordert die britische Innenministerin<br />

Amber Rudd den Zugriff auf WhatsApp; die Sicherheitsbehörden<br />

bräuchten den Zugang zu den verschlüsselten<br />

Nachrichten der einschlägigen Messengerdienste.<br />

Warum erwähne ich all das? Es zieht sich wie ein roter<br />

Faden durch die Vorbereitungshandlungen aller terroristischen<br />

Anschläge – meine Aufzählung erhebt keinen<br />

Anspruch auf Vollständigkeit – der jüngeren Vergangenheit,<br />

dass die Kommunikation im Vorfeld über Messengerdienste<br />

vorgenommen wurde, die den Sicherheitsbehörden<br />

erhebliche Probleme bereiten, weil sie hier nicht<br />

mitlesen können. Ihnen fehlen sowohl die technischen<br />

als auch die rechtlichen Voraussetzungen zum Sammeln<br />

der dort kommunizierten Informationen.<br />

Was hat das jetzt alles mit dem vorliegenden Gesetzentwurf<br />

zu tun? Nach allgemeiner Ansicht aller Sicherheitsexperten<br />

brauchen wir ein Mehr an Überwachung<br />

der Kommunikation von Terroristen im Vorfeld von<br />

Anschlägen. Und die Linke fordert ein Weniger an technischen<br />

Mitteln! Die offensichtlich nicht ausreichenden<br />

Möglichkeiten, die unsere Nachrichtendienste – darum<br />

hatte ich vorhin auf die Kommunikation im Vorfeld abgestellt;<br />

ihre Überwachung obliegt nämlich den Nachrichtendiensten,<br />

nicht den Polizeien – haben, wollen Sie noch<br />

einschränken, nein, sogar abschaffen.<br />

Es ist erstaunlich, in welchem Maße der Gesetzentwurf<br />

nicht nur die innenpolitischen Zeichen der Zeit verkennt;<br />

verwunderlich ist zudem, dass kaum jemand in<br />

der Bevölkerung Verständnis dafür haben dürfte, wenn<br />

der Staat bei der Wahrnehmung seiner Kernzuständigkeit,<br />

der Gewährleistung der inneren Sicherheit, auf die<br />

bereits jetzt kaum ausreichenden Instrumente auch noch<br />

ohne Not verzichtet. Ich wage die Prognose, dass auch<br />

die Anhänger und Wähler der Linken zu schätzen wissen,<br />

wenn unser Staat angemessen gerüstet ist, um den Herausforderungen<br />

durch den islamistischen Terrorismus<br />

wehrhaft gegenübertreten zu können. Daher erscheint<br />

mir der Anlass für die Vorlage dieses Gesetzentwurfs<br />

umso rätselhafter, je länger ich über ihn spreche.<br />

Schließlich bleibt die Frage: Wozu soll der Gesetzentwurf<br />

denn überhaupt gut sein? Ein fachlicher Grund ist<br />

nicht erkennbar. Was ist es dann? Ich sage es Ihnen: Es<br />

ist ihr fast schon pathologisches Misstrauen gegenüber<br />

unseren Nachrichtendiensten. Ich versage mir Spekulationen,<br />

woher es rühren mag; ich verweise lieber darauf,<br />

dass unsere Nachrichtendienste wie im Übrigen auch alle<br />

anderen Sicherheitsbehörden viele Anschläge – nicht<br />

nur in Deutschland, sondern auch zum Schutz unserer<br />

Soldaten in Afghanistan – erfolgreich verhindert haben,<br />

weshalb sie unsere Unterstützung verdienen und kein generelles<br />

Misstrauen.<br />

Weltweit gibt es in jedem Land Nachrichtendienste;<br />

aber die Vorbehalte, die ihnen in Deutschland vor allem<br />

von Ihnen entgegengebracht werden, dürften weltweit<br />

einzigartig sein. Begleiten Sie die Arbeit der Nachrichtendienste<br />

ruhig mit konstruktiver Kritik, und bringen<br />

Sie sich sachlich und kenntnisreich in die Debatte ein –<br />

aber verschonen Sie uns mit Gesetzentwürfen wie dem<br />

vorliegenden, der neben seinen handwerklichen Fehlern<br />

auch inhaltlich in die völlig falsche Richtung geht.<br />

Wenn Sie sich in den Debatten zur inneren Sicherheit,<br />

die Deutschland auf absehbare Zeit beschäftigen werden,<br />

Gehör verschaffen wollen: Konzentrieren Sie sich auf<br />

seriöse Reformvorschläge, und Sie werden auch gehört<br />

werden. Legen Sie weiterhin Gesetzentwürfe dieser Art<br />

vor, kann Sie niemand ernst nehmen. Ich glaube kaum,<br />

dass das Ihr politisches Ziel sein kann.<br />

Clemens Binninger (CDU/CSU): Eine starke und<br />

wehrhafte Demokratie braucht leistungsfähige und professionelle<br />

Nachrichtendienste, die in der Lage sind, mit<br />

ihrer Arbeit die Sicherheit im Land zu gewährleisten.<br />

Dies gilt besonders in Zeiten großer Herausforderungen,<br />

wie wir sie momentan erleben. Zu dieser Arbeit der<br />

Sicherheitsbehörden kann und muss auch die Überwachung<br />

der Telekommunikation von extremistischen Gefährdern<br />

gehören.<br />

Es geht im Artikel 10-Gesetz um eine Beschränkung<br />

des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel<br />

10 unseres Grundgesetzes. In § 1 heißt es ganz deutlich,<br />

dass die Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikation<br />

zur Abwehr von drohenden Gefahren für<br />

die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder den<br />

Bestand oder die Sicherheit des Bundes erfolgen kann,<br />

wenn hierfür tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Ich<br />

bin der Meinung, dass eine solche Beschränkung des<br />

Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses zu rechtfertigen<br />

ist.<br />

Sie ist deshalb zu rechtfertigen, weil es hierbei nicht<br />

um eine willkürliche Überwachung von beliebigen Bürgerinnen<br />

und Bürgern geht, sondern weil es eine ganz<br />

gezielte Maßnahme ist, die dazu beiträgt, die Sicherheit<br />

der Bundesrepublik bei einer konkreten Gefahr sicherzustellen.<br />

Es ist doch zwingend erforderlich, dass unsere<br />

Nachrichtendienste die Kommunikation von Terroristen<br />

aufzeichnen und überwachen, um Terroranschläge effektiv<br />

verhindern zu können. Zudem müssen wir doch nachvollziehen<br />

können, mit wem diese Terroristen in Kontakt<br />

standen, um an Hintermänner und deren Netzwerke heranzukommen.<br />

Der vorgelegte Gesetzentwurf soll die Handlungsfähigkeit<br />

der Nachrichtendienste in einer Zeit, in der wir<br />

alles Notwendige tun sollten, die innere Sicherheit weiter<br />

zu stärken, massiv einschränken. Das ist angesichts der<br />

aktuellen Bedrohungen nicht nur total falsch, sondern in<br />

Bezug auf unsere Sicherheitsinteressen sogar fahrlässig.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke,<br />

Sie führen in Ihrer Begründung aus, dass eine Kontrolle<br />

der Maßnahme nicht gewährleistet sei. Lassen Sie<br />

mich kurz begründen, warum das nicht stimmt: Mit der<br />

G 10-Kommission haben wir ein unabhängiges Gremium,<br />

das über die Zulässigkeit von solchen Beschränkungsmaßnahmen<br />

entscheidet. Die Beschränkungsmaßnahmen<br />

können erst vollzogen werden, wenn die G 10-Kommission<br />

den Antrag der Sicherheitsbehörde genehmigt hat,<br />

der zuvor auch vom Bundesministerium des Innern als<br />

berechtigt eingestuft wurde. Ansonsten kann eine solche<br />

Überwachung aufgrund des Artikel 10-Gesetzes nicht<br />

(C)<br />

(D)

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