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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23043<br />

(A)<br />

(B)<br />

en nach dem Tsunami 2004 nennen. Sie sehen: Mit dem<br />

Vorschlag der Linken würden wir nicht etwas qualitativ<br />

Neues, sondern lediglich Doppelstrukturen schaffen.<br />

Das andere große Thema, gerade angesichts der katastrophalen<br />

humanitären Lage im Nahen und Mittleren<br />

Osten, ist die Flüchtlingsfrage. Deutschland leistet in<br />

großem Umfang humanitäre Hilfe in der Region. Auch<br />

das THW war dort am Aufbau von Flüchtlingsunterkünften<br />

und der Versorgung von Flüchtlingslagern mit<br />

funktionierenden Wasser- und Abwassersystemen beteiligt.<br />

Deutschland hat in den letzten Jahren zusätzlich<br />

eine große Zahl von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen<br />

aufgenommen. Hier möchte ich besonders auf die<br />

vielen Menschen in Deutschland hinweisen, die täglich<br />

dabei helfen, Flüchtlinge zu integrieren. Leider war es<br />

in der Europäischen Union nicht möglich, zu einer einheitlichen<br />

Flüchtlingspolitik zu kommen. Die bisherigen<br />

Ergebnisse, wie das Abkommen mit der Türkei und die<br />

Abgrenzungspolitik im Mittelmeer, sind auf Dauer keine<br />

Lösung. Wer glaubt, dadurch das Flüchtlingsproblem lösen<br />

zu können, denkt völlig unrealistisch.<br />

Im letzten Jahr gab es im September zwei Gipfel in<br />

New York zu diesem gegenwärtig dringlichsten humanitären<br />

Problem der globalen Flucht und Zwangsmigration:<br />

den Flüchtlingsgipfel der Vereinten Nationen in New<br />

York und, auf Einladung des damaligen US-Präsidenten<br />

Barack Obama, einen Gipfel, der konkrete Hilfszusagen<br />

bringen sollte. Auf dem Weltflüchtlingsgipfel der Vereinten<br />

Nationen wurde beschlossen, bis 2018 einen globalen<br />

Flüchtlingspakt zu erarbeiten. Zum US-Flüchtlingsgipfel,<br />

bei dem unter anderem auch Deutschland Mitgastgeber<br />

war, haben die 52 teilnehmenden Länder die Zusage<br />

gemacht, 360 000 Flüchtlinge aufzunehmen. Am<br />

Ergebnis beider Gipfel kann man sehen, dass trotz Fortschritten<br />

die Arbeit mühsam bleibt. Außerdem wurden<br />

Maßnahmen vereinbart, die Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für Flüchtlingskinder und Jugendliche zu<br />

verbessern. Solange man nicht auf der internationalen<br />

Ebene zu substanziellen Verbesserungen kommt, können<br />

wir nur mit den Mitteln, die wir haben, arbeiten und diese<br />

Schritt für Schritt verbessern.<br />

Wie ich am Humanitären Weltgipfel und dessen Follow-up-Prozess<br />

gezeigt habe, engagiert sich Deutschland<br />

intensiv. Wir sollten weiterhin die bestehenden Strukturen,<br />

national und international, unterstützen und in ihrer<br />

Handlungsfähigkeit stärken. Die Vielfalt der bestehenden<br />

Organisationen mit unterschiedlichen Kompetenzen und<br />

Fähigkeiten bieten eine gute Grundlage dafür.<br />

Zusammenfassend kann ich sagen: Obwohl der Antrag<br />

wichtige Themen anspricht und es gut und notwendig ist,<br />

darüber zu diskutieren, fehlen die Voraussetzungen für<br />

eine Zustimmung. Ich denke, wir befinden uns mit unserer<br />

Politik auf einem guten Weg.<br />

Inge Höger (DIE LINKE): Nach Angaben des Auswärtigen<br />

Amtes vom letzten Jahr hat sich die Zahl der<br />

Menschen, die dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen<br />

sind, in den letzten zehn Jahren vervierfacht: Weltweit<br />

sind es heute mindestens 125 Millionen. Die weltweite<br />

humanitäre Lage bleibt unübersehbar. In Ostafrika<br />

bedroht derzeit eine Hungersnot das Leben Tausender<br />

Menschen; aktuell gibt es Hungertote im Nordosten Nigerias,<br />

in einigen Dörfern dort leben keine Kinder unter<br />

fünf Jahren mehr. Weltweit zählen wir über 40 Millionen<br />

Binnenflüchtlinge und mehr als 20 Millionen Menschen,<br />

die außerhalb ihres Heimatstaates Zuflucht suchen. Extreme<br />

Armut, Hunger, Wassermangel, fehlende Gesundheitsversorgung<br />

und Epidemien verlangen dringend tatkräftige<br />

humanitäre Hilfe.<br />

Das millionenfache Leid ist keine zufällige Entwicklung.<br />

Eine Ursache sind ungleiche Handelsbeziehungen.<br />

Insbesondere durch westliche Freihandels- und Investitionsschutzabkommen<br />

werden Entwicklungsländer<br />

wirtschaftlich geschröpft und ihre sozio-ökonomischen<br />

Grundlagen zerstört. Zunehmend entzieht ebenso der<br />

Klimawandel vielen Menschen ihre Lebensgrundlage,<br />

insbesondere durch Dürren und Flutkatastrophen. Der<br />

Klimawandel, der sowohl zu Überschwemmungen als<br />

auch zu verheerenden Dürreperioden führt, ist das Produkt<br />

der profitorientierten Wirtschaftsaktivität der westlichen<br />

Industriestaaten.<br />

Eine wichtige Ursache der sozialen Zerstörung sind<br />

zudem Kriege, welche durch zahlreiche westliche Militärinterventionen<br />

und Rüstungsexporte geschürt werden.<br />

Unter den größten Herkunftsländern bei Geflüchteten<br />

befinden sich beispielsweise Afghanistan und Somalia.<br />

Das sind Staaten, in denen die Bundeswehr seit Jahren in<br />

militärischen Auslandseinsätzen aktiv ist, vorgeblich zur<br />

Herstellung von nationaler Sicherheit und zum Schutz<br />

der Bevölkerung. Real geht es um die Umsetzung geopolitischer<br />

und geoökonomischer Interessen.<br />

Statt dieser Militärinterventionen muss die Bundesregierung<br />

ihre internationale Verantwortung deutlich mehr<br />

und ausschließlich zivil wahrnehmen. Im Haushaltsetat<br />

für 2017 ist eine derartige Strategie nicht erkennbar.<br />

Während lediglich rund 1,2 Milliarden Euro für humanitäre<br />

Hilfsmaßnahmen bereitstehen, steigt der Wehretat<br />

um 2,7 Milliarden Euro auf insgesamt über 37 Milliarden<br />

Euro. Obwohl die Bundeswehr explizit keinen humanitären<br />

Auftrag hat, greift die Bundesregierung bei großen<br />

Krisen immer wieder auf die personelle und logistische<br />

Infrastruktur der Bundeswehr zurück. Eine auf Kriegsführung<br />

spezialisierte Armee im Einsatz für humanitäre<br />

Hilfsmaßnahmen bedeutet eine Vermischung militärischer<br />

Interessen mit ureigenen zivilen Aufgaben!<br />

Für den Schutz der Bevölkerung in akuten Krisensituationen<br />

sind zivile Maßnahmen zur humanitären Versorgung<br />

der richtige Schritt. Entscheidend ist dabei, dass<br />

ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind, die nötige<br />

Schnelligkeit gegeben ist und die beteiligten Akteure<br />

aufeinander abgestimmt arbeiten. Nötig sind zivile Kapazitäten;<br />

dazu gehören Transportflugzeuge, Hubschrauber,<br />

Schiffe, Lastwagen, mobile Krankenhäuser sowie<br />

Logistikzentren und weitere technische Hilfsmittel. Das<br />

sind notwendige Voraussetzungen, um in Katastrophengebieten<br />

flexibel Hilfe leisten zu können. Für eine zivile<br />

humanitäre Hilfe müssen diese durch Konversionsmaßnahmen<br />

aus dem Bestand der Bundeswehr umgerüstet<br />

oder notfalls neu angeschafft werden.<br />

(C)<br />

(D)

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