Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Stephan Kühn (Dresden)<br />
(A)<br />
Wenn es bei Ihrem Gesetz wirklich nicht nur um die<br />
Interessen der Automobilhersteller geht, sondern auch<br />
das Ziel verfolgt wird, automatisiertes Fahren für die<br />
Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv zu machen,<br />
sollten Sie von den Koalitionsfraktionen dieses Gesetz<br />
so nicht beschließen. Es reicht nicht, nur in der Begründung<br />
zum Gesetzestext zu formulieren, was der Fahrer<br />
bedenkenlos tun darf, während der Computer das Auto<br />
lenkt. Gesetzesbegründungen binden die Richter nicht.<br />
So schaffen Sie keine Rechtssicherheit für die Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher. Das muss schon ins Gesetz<br />
selber hineingeschrieben werden.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der LINKEN)<br />
vom Bundesverband der Verbraucherzentralen vorgeschlagen,<br />
könnte den Datenschutz stärken und dafür sorgen,<br />
dass die Daten rechtmäßig übertragen werden. Aber<br />
auch davon liest man im Gesetzentwurf nichts.<br />
Immerhin enthält der Gesetzentwurf einen Passus,<br />
nach dem mit dem Ablauf des Jahres 2019 eine wissenschaftliche<br />
Evaluierung vorgenommen wird. Somit besteht<br />
zumindest die Chance, in der nächsten Legislaturperiode<br />
die handwerklichen Fehler in diesem Gesetz zu<br />
beseitigen und das automatisierte Fahren dann tatsächlich<br />
zum Erfolg zu führen.<br />
Danke.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
(C)<br />
Herr Dobrindt, Sie haben bei der Einbringung des Gesetzentwurfes<br />
und auch heute hier großspurig die Gleichstellung<br />
von Mensch und Computer angekündigt. Warum<br />
gilt dann weiter: „Das Auto lenkt, der Fahrer haftet?“<br />
Wenn die technischen Systeme das Fahrzeug führen,<br />
dann muss die Haftung auch auf die Hersteller übertragen<br />
werden.<br />
Vizepräsident Johannes Singhammer:<br />
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Steffen<br />
Bilger.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
(B)<br />
(Kirsten Lühmann [SPD]: Richtig! Das ist<br />
so!)<br />
Automatisiertes Fahren soll die Verkehrssicherheit erhöhen<br />
und Schäden reduzieren. Die Haftungshöchstgrenze<br />
bei Unfällen wird aber von derzeit 5 Millionen Euro<br />
auf 10 Millionen Euro angehoben. Wer zahlt das denn?<br />
Das zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher, und<br />
zwar über höhere Haftpflichtbeiträge.<br />
Nach den Beratungen in den Ausschüssen sind weitere<br />
wichtige Fragen offengeblieben. Der Gesetzentwurf<br />
verlangt von den Fahrzeugführern, die technischen Systeme<br />
jederzeit manuell übersteuern und deaktivieren<br />
zu können. Ist die Möglichkeit der Übersteuerung und<br />
Deaktivierung durch den Fahrer überhaupt in jedem<br />
Fall sinnvoll? Eine Systemübernahme in kritischen<br />
Verkehrssituationen könnte den Fahrer wohl eher überfordern.<br />
Was muss das Auto eigentlich tun, wenn der<br />
Fahrzeugführer die Kontrolle doch nicht so schnell wie<br />
erforderlich übernehmen kann? Muss der Computer den<br />
Warnblinker anschalten und sofort rechts ranfahren und<br />
anhalten? Regelungen, wie das Auto in kritischen Situationen<br />
in einen risikominimierten Zustand versetzt wird,<br />
fehlen in diesem Gesetzentwurf.<br />
Die vorgenommenen Konkretisierungen zum Datenschutz<br />
täuschen darüber hinweg, dass auch weiterhin viel<br />
zu viele Daten zu lange, nämlich mindestens sechs Monate,<br />
gespeichert werden. Ich habe bisher keine Begründung<br />
gehört, warum das erforderlich sein soll.<br />
Ein Unding ist auch, dass viele wichtige Regelungen<br />
zur Speicherung der Daten und zum Schutz der Daten<br />
vor Hackern und Manipulationsversuchen erst später in<br />
einer Verordnung getroffen werden sollen. Diese Regelungen<br />
brauchen wir jetzt. Auch sie sind entscheidend für<br />
das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Steffen Bilger (CDU/CSU):<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Von der reinen Quantität her ist das sicherlich ein recht<br />
schlanker Gesetzentwurf, über den wir heute abschließend<br />
debattieren. Auf dem Papier handelt es sich ja nur<br />
um einige wenige Änderungen im Straßenverkehrsgesetz.<br />
Die Tragweite dieser Änderungen, die wir heute<br />
auf den Weg bringen werden, ist dafür umso größer. Wir<br />
stellen Mensch und Computer beim Autofahren rechtlich<br />
gleich. Damit wird sich auch die Zukunft des Automobils<br />
nachhaltig verändern.<br />
Innovationen und der technische Fortschritt im Automobilbereich<br />
sind schon lange ein wichtiger Garant für<br />
den Wohlstand unseres Landes. Wenn wir die Automobilindustrie<br />
auch in Zukunft stark halten wollen, dann<br />
muss es uns auch immer um die Arbeitsplätze gehen,<br />
die damit verbunden sind. In Zukunft werden diese Innovationen<br />
wichtiger denn je. Daher stellen wir mit dem<br />
Gesetzentwurf auch eine entscheidende Weiche für die<br />
Zukunft unseres Automobilstandortes.<br />
Ich glaube, wir können sagen: Auf dem Gebiet des<br />
automatisierten Fahrens ist Deutschland bereits jetzt<br />
Vorreiter. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir weiter<br />
fortsetzen. Das Autoland Deutschland muss auch beim<br />
automatisierten Fahren weltweit an der Spitze stehen.<br />
Die Automobilität wird schon in einigen Jahren nicht<br />
mehr so sein, wie wir sie heute kennen. Der Computer<br />
wird immer öfter die Fahraufgabe übernehmen. Für die<br />
heute geborene Generation werden selbststeuernde Autos<br />
eine Selbstverständlichkeit sein. Die Zahl der Verkehrsunfälle<br />
wird durch diese Technologie enorm zurückgehen,<br />
aber bis zum vollständigen autonomen Fahren ist<br />
es – das wurde vorhin schon gesagt – zweifelsohne noch<br />
ein sehr weiter Weg. Mit diesem Gesetzentwurf schaffen<br />
wir jetzt aber frühzeitig die Grundlagen, um diesen Weg<br />
konsequent weiterzuverfolgen.<br />
(D)<br />
Eine neutrale Stelle, die bei der Datenweitergabe zwischengeschaltet<br />
wird, ein sogenanntes Trust-Center, wie<br />
Solch große Veränderungen werfen natürlich viele<br />
Fragen auf. Die dringend erforderlichen rechtlichen