Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 22993<br />
Emmi Zeulner<br />
(A)<br />
(B)<br />
hätten Sie zuhören müssen! Nicht einfach vorlesen!<br />
Zuhören!)<br />
– Selbstverständlich habe ich zugehört.<br />
In vielen Fällen dient es als Einstiegsdroge, und das<br />
bestreiten Sie immer wieder.<br />
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Das ist wissenschaftlich<br />
widerlegt!)<br />
– Hören Sie einmal zu! – Ich denke an all die Fälle von<br />
Jugendlichen, die in einer Abhängigkeit sind. Ich persönlich<br />
habe in Suchtkliniken Gespräche geführt, und<br />
in jedem einzelnen Gespräch mit den jungen Leuten<br />
war immer ganz klar die Aussage: Der erste Kontakt mit<br />
Suchtmitteln kam über Cannabis zustande. Dann haben<br />
die Jugendlichen gesagt, sie hätten Interesse an mehr<br />
gehabt. Sie wollten schauen, wie sie Erfahrungen in einem<br />
breiteren Spektrum sammeln konnten. Deswegen ist<br />
Cannabis für mich ganz klar eine Einstiegsdroge. Cannabis<br />
kann auch schwere Psychosen, Schizophrenien auslösen,<br />
vor allem bei den Jugendlichen; das wissen Sie ganz<br />
genau. Es führt zu Konzentrationsstörungen usw. Aufklärung<br />
darüber ist deswegen ein wichtiger Teil der Prävention.<br />
Bei mir steht im Mittelpunkt, darauf hinzuweisen,<br />
welche Gefahren vom Cannabiskonsum ausgehen.<br />
Ich habe zum Beispiel in einer Fachambulanz für junge<br />
Suchtkranke in München nachgefragt. Da ist es so,<br />
dass fast 60 Prozent der Patienten die Hauptdiagnose<br />
Cannabisstörung haben. Es muss uns doch einfach zu<br />
denken geben, dass da wirklich etwas im Argen liegt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Tempel<br />
[DIE LINKE]: Trotz Verbot! Das Verbot hat<br />
überhaupt nichts geholfen! Gar nichts!)<br />
Sie wissen, dass der THC-Gehalt bei Cannabis in den<br />
letzten Jahren um das Dreifache gestiegen ist.<br />
(Frank Tempel [DIE LINKE]: Weil es auf<br />
dem Schwarzmarkt keine Kontrolle gibt! Ja!)<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Herr Kollege Tempel, jetzt hat wirklich Frau Zeulner<br />
das Wort.<br />
müssen Lösungen schaffen, wie wir junge Leute davon<br />
abhalten, überhaupt zum Joint zu greifen, wie wir diejenigen<br />
stärken, die Nein zu Drogen sagen, wie wir die<br />
Eltern, Erzieher und Lehrer in ihrer Schutzaufgabe stärken<br />
und ihnen Hilfestellungen geben, wie wir denjenigen,<br />
die bereits in einer Abhängigkeit sind, helfen, aus<br />
dieser Abhängigkeit wieder herauszufinden. Das sind die<br />
Prioritäten, die ich persönlich als Gesundheitspolitikerin<br />
setze, und da haben wir genug Arbeit vor uns.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Vielen Dank. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht<br />
jetzt Dr. Harald Terpe.<br />
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Liebe Gäste im <strong>Bundestag</strong>! Wir haben jetzt eine ganze<br />
Menge darüber gehört, wie die Motivation für die Haltung<br />
ist, die meine Kollegin Emmi Zeulner eben vorgetragen<br />
hat. Glaube mir bitte, liebe Emmi: Mich treibt das<br />
Gleiche um. Alles, was du an Problemen geschildert hast,<br />
ist aber genau unter den Bedingungen der Prohibition<br />
entstanden.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Alle Negativfolgen – das ist völlig richtig – sind in der<br />
jetzigen Welt entstanden.<br />
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist aber eine<br />
kühne Behauptung!)<br />
Ich will als Arzt etwas dagegen unternehmen, nämlich<br />
die Prävention stärken.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
(C)<br />
(D)<br />
Emmi Zeulner (CDU/CSU):<br />
Eine Legalisierung ist deswegen für mich ganz klar<br />
nicht der richtige Weg.<br />
Zum Beispiel Colorado – Herr Tempel, Sie haben Portugal<br />
zitiert –: Hier ist mit der Legalisierung von Cannabis<br />
für Erwachsene der Konsum bei den Jugendlichen um<br />
71 Prozent höher als in Staaten, in denen es keine Legalisierung<br />
gibt. Das zeigt deutlich, dass die Begrenzung der<br />
Legalisierung auf Erwachsene gerade keinen ausreichenden<br />
Jugendschutz bietet. Das ist aber das, worauf wir uns<br />
konzentrieren wollen.<br />
Das geht nur, wenn man die Prävention auch zulässt, in<br />
die Legalität holt<br />
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Prävention durch<br />
Rausch! Das ist ein interessanter Ansatz!)<br />
und die Konsumenten nicht kriminalisiert; sonst kommen<br />
sie nicht in die Legalität.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Was Sie mit dem Antrag machen, ist reine Klientelpolitik,<br />
aber keine Politik, die dem Schutz der Gesundheit<br />
dient. Ich möchte das nicht. Ich möchte, dass unsere<br />
Parks, auch der Görlitzer Park, den Familien gehören und<br />
dass die Familien nicht aus den Parks verdrängt werden.<br />
Unsere Prioritäten müssen ganz woanders liegen. Wir<br />
Also: Wer weiterhin behauptet, dass das Drogenverbot<br />
eine generalpräventive Wirkung hat, ignoriert diese<br />
Realität,<br />
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Ja!)