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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017 23049<br />

(A)<br />

(B)<br />

abgebaut, die andere über die hohen Netzentgelte bezahlen.<br />

Zum Schluss ein Wort zur Regulierungsbehörde<br />

ACER. Koalition und Bundesregierung haben Bedenken,<br />

dass sich die EU-Behörde zu viel Kompetenzen auf<br />

den Tisch zieht und vielleicht sogar Deutschland in zwei<br />

Gebotszonen spalten könnte. Mein Vorschlag: Leiten Sie<br />

zügig den Einstieg in den Kohleausstieg ein. Dann entspannt<br />

sich auch die Netzsituation, und die Aufteilung in<br />

zwei Strompreiszonen wäre gebannt.<br />

Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />

NEN): Gestern, während in den verschiedenen <strong>Bundestag</strong>sausschüssen<br />

Ihre Subsidiaritätsrüge beraten wurde,<br />

war Theresa May unterwegs, um mit Artikel 50 den Brexit<br />

zu notifizieren. Dies kam nicht überraschend; denn<br />

der Austrittsantrag wurde seit dem Referendum vor neun<br />

Monaten erwartet. Trotzdem ist es traurig, dass die Koalitionsfraktionen<br />

in den dunkelsten Stunden unserer Europäischen<br />

Union erneut die Keule der Subsidiaritätsrüge<br />

schwingen und sich zum Steigbügelhalter mancher Anti-Europäer<br />

machen. Erst in der letzten Sitzungswoche<br />

erklärte Frau Strothmann von der CDU bei Ihrer letzten<br />

KoA-Subsidiaritätsrüge, es wäre jetzt auch mal Zeit, dass<br />

der <strong>Bundestag</strong> sich diesbezüglich nicht so zurückhalte.<br />

Ähnliche Töne zu meinem Erschrecken nun auch von der<br />

SPD im Wirtschaftsausschuss, wonach man Brüssel ja<br />

schon lange einmal zeigen müsse, wer energiepolitisch<br />

das Sagen hätte, und Brüssel ohnehin zu viel Energiepolitik<br />

betreibe.<br />

Mit dem vorgelegten Winterpaket macht die Kommission<br />

einen Umsetzungsvorschlag für die Ratsschlussfolgerungen<br />

aus dem Oktober 2014. Dort war Ihre Bundesregierung<br />

durch die Bundeskanzlerin vertreten und hat<br />

die Richtung vorgegeben.<br />

Wenn wir uns hier und heute über die Ausreizung europarechtlicher<br />

Vorgaben für die Energiepolitik verständigen,<br />

dann gehört auch zur Wahrheit, dass die Staats- und<br />

Regierungschefs damals weit über politische Leitlinien<br />

hinausgingen und bis auf die letzte Kommastelle detaillierte<br />

Vorgaben für Energie- und Klimapolitik machten.<br />

Damit schränkten sie den Spielraum der Kommission<br />

extrem ein und verdealten nationale Egoismen. In den<br />

Zielen wiederum waren diese Vorgaben energie- und<br />

klimapolitisch viel zu schwach und reichen bei weitem<br />

nicht aus, um unsere klimapolitischen Verpflichtungen<br />

und Notwendigkeiten zu erfüllen.<br />

Wenn wir heute hier Ihre zweite Subsidiaritätsrüge<br />

innerhalb von drei Wochen behandeln, dann riecht das –<br />

mit Verlaub – auch ein wenig nach plumpem Wahlkampf<br />

auf Kosten der Europäischen Kommission. Damit, liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, stellen<br />

Sie sich wahlkampftaktisch in die Reihe von Verkehrsminister<br />

Dobrindt und seiner europafeindlichen Wahlkampfmaut.<br />

Zumindest haben Sie sich anders noch als<br />

letzte Sitzungswoche diesmal zumindest die Mühe gemacht,<br />

nicht mehr nur die schlechte Vorlage Ihrer bayerischen<br />

Kollegen aus dem Bundesrat abzuschreiben, sondern<br />

sind auch wirklich bei den entscheidenden Punkten<br />

in die Tiefe gegangen.<br />

Bevor ich darauf im Detail eingehe, möchte ich aber<br />

noch einmal betonen: Die Energiewende ist kein deutsches<br />

Projekt. Die Energiewende ist ein europäisches<br />

Projekt und braucht gemeinsame europäische Politiken.<br />

Hier kann die Kommission groß in großen Dingen sein,<br />

wie es Präsident Juncker zu Beginn seiner Amtszeit verkündete;<br />

denn der Umbau und die Modernisierung unserer<br />

Wirtschaft und Energiegewinnung zum Wohle unserer<br />

künftigen Generationen gehören zweifelsohne zu<br />

den größten Dingen unserer Zeit. Und auch unser Ziel<br />

„von den fossilen Energien auf 100 Prozent erneuerbare<br />

Energien“ werden wir nur erreichen können, wenn wir es<br />

europäisch angehen.<br />

Die Kommission macht in ihrem Winterpaket dafür<br />

auch einige gute Vorschläge. Manche Vorschläge sehen<br />

auch wir kritisch; die müssen und werden wir im normalen<br />

Gesetzgebungsverfahren verändern und verbessern.<br />

Grundlage der Vorschläge ist Artikel 194 AEUV. Darin<br />

heißt es in Absatz 1: „Die Energiepolitik der Union<br />

verfolgt im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten<br />

im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens<br />

des Binnenmarkts und unter Berücksichtigung<br />

der Notwendigkeit der Erhaltung und Verbesserung der<br />

Umwelt folgende Ziele:<br />

a) Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts;<br />

b) Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit<br />

in der Union;<br />

c) Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen<br />

sowie Entwicklung neuer und erneuerbarer<br />

Energiequellen und<br />

d) Förderung der Interkonnektion der Energienetze.“<br />

Sie sehen: Selbst im Vertrag von Lissabon sind die<br />

Ziele des Netzausbaus und der europäischen Netzverbindung,<br />

der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Verbesserung<br />

der Energieeinsparung festgeschrieben.<br />

Zugespitzt könnte man vielleicht sogar sagen, dass Ihr<br />

schwarz-rotes Festhalten an der schmutzigen und gefährlichen<br />

Braunkohle, der schleppende Netzausbau und die<br />

Belastung der Stromnetze unserer Nachbarn mit dreckigem<br />

deutschem Kohlestrom aus massiven Kohleüberkapazitäten<br />

dem Europarecht widerspricht, zumindest<br />

unseren Zielen. Klar ist aber zumindest, dass Ihr diesbezügliches<br />

Handeln in diesen Bereichen auch dazu geführt<br />

hat, dass die Kommission hier aktiv werden muss.<br />

Aber kommen wir zu den Details Ihrer Rüge. Subsidiarität<br />

bedeutet im engeren Sinne, dass die Europäische<br />

Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche<br />

Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern und soweit<br />

die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den<br />

Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler<br />

oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können,<br />

sondern wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen<br />

auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.<br />

Die Ministerien der Bundesregierung und auch die<br />

Juristen des <strong>Bundestag</strong>s haben nun festgestellt, dass<br />

die beiden heute hier beratenen Verordnungsvorschläge<br />

(C)<br />

(D)

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