Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 228. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. März 2017<br />
Vizepräsident Johannes Singhammer<br />
(A)<br />
Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 10 auf:<br />
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung<br />
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung<br />
des Straßenverkehrsgesetzes<br />
Drucksachen 18/11300, 18/11534, 18/11683<br />
Nr. 10<br />
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr<br />
und digitale Infrastruktur (15. Ausschuss)<br />
Jetzt kommt der nächste große Schritt. Wir machen<br />
nun den Weg frei für die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen<br />
für das automatisierte Fahren und schaffen<br />
mit der heutigen Entscheidung das modernste Straßenverkehrsrecht<br />
der Welt. Wir stellen damit den menschlichen<br />
Fahrer und den Computer als Fahrer rechtlich<br />
gleich. Das ist ein großes Highlight. Wir sind das erste<br />
Land der Welt, das diesen Schritt jetzt geht. Deswegen<br />
wird intensiv beobachtet, was dieses Gesetz leistet.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Drucksache 18/11776<br />
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die<br />
Linke vor.<br />
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für<br />
die Aussprache insgesamt 38 Minuten vorgesehen. –<br />
Auch dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist<br />
das somit beschlossen.<br />
Ich eröffne die Aussprache und erteilte zu Beginn das<br />
Wort dem Bundesminister Alexander Dobrindt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der SPD)<br />
Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr<br />
und digitale Infrastruktur:<br />
Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen<br />
und Kollegen! Verehrter Herr Präsident! Das automatisierte<br />
Fahren entscheidet, ob Deutschland Innovationsland<br />
bleibt oder Stagnationsland wird. Das ist der<br />
Grund, warum wir uns zu Beginn der Wahlperiode für<br />
eine umfassende Strategie für automatisiertes und vernetztes<br />
Fahren entschieden haben, die wir mit einer Reihe<br />
von Elementen gefüllt haben, beispielsweise mit dem<br />
Digitalen Testfeld Autobahn auf der A 9, einem Leuchtturmprojekt:<br />
einer intelligenten Straße, der einzigen<br />
Straße auf der Welt, die mit eigener Sensorik und eigener<br />
Intelligenz ausgestattet ist. Damit haben wir für die Infrastruktur<br />
und für die entsprechende Kommunikation<br />
gesorgt, die automatisiertes Fahren im Realverkehr möglich<br />
machen. Das ist eines der ganz großen Forschungsprojekte<br />
und wird übrigens weltweit von Unternehmen<br />
anerkannt. Viele internationale Firmen erforschen ihre<br />
Produkte auf dem Digitalen Testfeld Autobahn auf der<br />
A 9 in Bayern und entwickeln diese Produkte weiter.<br />
Wir erweitern gerade das Testfeld auch auf städtische<br />
Bereiche, sodass wir den komplexen Zusammenhang im<br />
Stadtverkehr erproben und automatisierte Fahrsysteme<br />
weiterentwickeln können.<br />
Des Weiteren haben wir eine Ethik-Kommission, die<br />
unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters<br />
Udo di Fabio tagt, eingesetzt, um die ethischen<br />
Fragen zu den Grundsätzen automatisierten Fahrens zu<br />
erörtern. Die Kommission wird noch im ersten Halbjahr<br />
dieses Jahres ihre Ergebnisse präsentieren. Das ist<br />
bedeutsam und wichtig, weil es Vertrauen in die neue<br />
Technologie des automatisierten Fahrens schaffen kann.<br />
Wir bieten übrigens auch Leitplanken für die Hersteller<br />
und für die Programmierer, indem wir klare Vorgaben<br />
machen, innerhalb derer Automobile mit entsprechender<br />
Funktionalität für den Bereich des automatisierten Fahrens<br />
angewandt werden können.<br />
Im Klartext steht im Gesetzentwurf: Der Computer<br />
kann in Zukunft ans Steuer. Der Fahrer kann sich in dieser<br />
Zeit abwenden, kann im Netz surfen, kann E-Mails<br />
checken, kann Filme streamen. Vieles ist an neuer Zeitgestaltung<br />
möglich. Die Haftungsfragen sind in unserem<br />
Gesetzentwurf ebenfalls geklärt: Wenn das Fahrzeug im<br />
automatisierten Modus gesteuert wird, dann ist klar, dass<br />
die Haftung beim Hersteller liegt und nicht beim Menschen,<br />
der im Fahrzeug sitzt.<br />
Meine Damen und Herren, das sind ganz wesentliche<br />
Entscheidungen, die wir damit treffen. Wir sorgen auch<br />
für die Sicherheit im Fahrzeug, indem wir vorsehen, dass<br />
eine Blackbox die Überprüfung der Fahrfunktionen ermöglicht,<br />
sodass man feststellen kann, wer dieses Fahrzeug<br />
gesteuert hat, der Computer oder ein menschlicher<br />
Fahrer.<br />
(Andreas Rimkus [SPD]: Das ist richtig!)<br />
Wir wollen durch das Gesetz die Voraussetzungen<br />
schaffen, dass automatisiertes Fahren möglich wird, das<br />
heißt, wir wollen mehr Mobilität schaffen. Das soll nicht<br />
nur bei denjenigen, die eine besondere Affinität zum<br />
Auto haben, zur Freude führen, sondern wird grundlegend<br />
die Mobilität in unserem Land verändern: Automatisierte<br />
Fahrsysteme können auch Menschen im hohen<br />
Alter individuelle Mobilität ermöglichen. Sie verschaffen<br />
mehr Zeit, weil man im Fahrzeug in der Lage ist, sich<br />
anderen Dingen zuzuwenden. Es wird erheblich weniger<br />
Unfälle geben; 90 Prozent der Unfälle werden heute<br />
auf menschliches Fehlverhalten zurückgeführt. Es wird<br />
durch automatisiertes Fahren natürlich deutlich weniger<br />
Stau, weniger Parkplatzsuche und weniger Umweltbelastungen<br />
geben.<br />
Wir wollen bei dieser technologischen Revolution an<br />
der Spitze stehen. Warum ist das so bedeutsam? Wir sind<br />
das Autoland Nummer eins. Für uns steht in der Tat viel<br />
auf dem Spiel, wenn man dem Grundsatz anhängt, dass<br />
der Wohlstand von heute ohne das Auto nicht denkbar<br />
wäre und der Wohlstand von morgen ohne das Auto nicht<br />
möglich sein wird. Das heißt, wir wollen unsere Kernkompetenz<br />
natürlich auch beim digitalen Automobil erhalten,<br />
wollen uns dieser Herausforderung stellen. Deshalb<br />
sorgen wir dafür, dass in Zukunft Wertschöpfung<br />
nicht nur aus der Karosserie, aus dem Motor möglich<br />
ist und dass in Zukunft Wertschöpfung, die aus der Software,<br />
aus den Daten, aus den Algorithmen kommt, nicht<br />
irgendwo auf der Welt stattfindet, sondern in Deutschland,<br />
in Europa. Deswegen müssen wir an der Spitze<br />
bleiben, wenn es darum geht, das beste Auto zu entwickeln,<br />
nicht nur im Bereich des Maschinenbaus, sondern<br />
(D)