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Der sichere Umgang mit fremden Sprachen und Kulturen stellt heute ...

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MARTIN STEGU ibw-Forschungsbericht 143 | Fremdsprachen für die Wirtschaft<br />

5. Empfehlungen durch die Angewandte Linguistik oder<br />

durch ‚angewandte LinguistInnen’?<br />

Die Angewandte Linguistik lässt sich definieren als „the theoretical and empirical investigation<br />

of real-world problems in which language is a central issue“ (Brumfit 1997: 93). Die Homepage<br />

des Weltkongresses für Angewandte Linguistik der AILA (= Association Internationale de<br />

Linguistique Appliquée) in Essen 2008 zählt folgende Hauptbereiche auf: „The problems Applied<br />

Linguistics deals with range from aspects of the linguistic and communicative competence of<br />

the individual such as first or second language acquisition, literacy, language disorders, etc. to<br />

language and communication related problems in and between societies such as e.g. language<br />

variation and linguistic discrimination, multilingualism, language conflict, language policy and<br />

language planning.“ (http://www.aila2008.org/applied-linguistics.html, konsultiert im April 2008)<br />

Fragen des Fremdsprachenangebots, der Fremdsprachenwahl <strong>und</strong> allgemein der<br />

Mehrsprachigkeit gehören so<strong>mit</strong> eindeutig in den Bereich der Angewandten Linguistik. Ein<br />

Gr<strong>und</strong>problem dieser Disziplin – wie auch vieler anderer – ist die Spannung zwischen deskriptiven<br />

<strong>und</strong> präskriptiven Ansätzen (vgl. dazu Stegu 2002). Primäre Aufgabe der Linguistik ist es,<br />

sprachliche <strong>und</strong> kommunikative Gegebenheiten zu beschreiben, <strong>und</strong> viele LinguistInnen wollen<br />

es auch gerne da<strong>mit</strong> bewenden lassen. Aber gerade Angehörige der „real world“ erwarten sich<br />

konkrete Lösungsvorschläge – ähnlich, wie man sich von einem Arzt/einer Ärztin nicht nur eine<br />

Diagnose erwartet, sondern auch die Verschreibung eines passenden Medikaments, einer<br />

Operation usw.<br />

In diesem Rahmen kann das wissenschaftstheoretisch sehr interessante Gr<strong>und</strong>satzthema<br />

„Bezüge zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis“, welches sich ja fast in jeder Disziplin <strong>stellt</strong>, nicht ausdiskutiert<br />

werden. Im Fall der Angewandten Linguistik sehe ich es jedenfalls so, dass auch hier<br />

die Stärke darin liegt, Fakten zu beschreiben (selbst wenn man nach dem constructivist turn eine<br />

etwas andere Einstellung zum Faktischen haben wird), <strong>und</strong> nur sehr vorsichtig allgemeinverbindliche<br />

‚Rezepte’ zu verkünden. Die Angewandte Linguistik liefert Gr<strong>und</strong>lagenwissen zu praxisrelevanten<br />

Sprach- <strong>und</strong> Kommunikationsfragen (z. B. dass Mehrsprachigkeit prinzipiell kein<br />

schädliches, die intellektuelle Entwicklung hemmendes Phänomen ist usw.), die dann zu konkreten<br />

Entscheidungen führen können <strong>und</strong> sollen – die aber dann von „mündigen Bürgerinnen<br />

<strong>und</strong> Bürgern“ getroffen werden. Auch die angewandte LinguistIn kann dann ganz konkrete<br />

Meinungen äußern, etwa welche Fremdsprachen sie für wichtig hält, in welcher Reihenfolge<br />

diese gelernt werden sollten usw., aber sie kann nicht so weit gehen zu sagen: „Die Angewandte<br />

Linguistik sagt uns, dass als erste Fremdsprache Englisch <strong>und</strong> als zweite Spanisch gelernt werden<br />

sollen.“ Ein Politologe/eine Politologin wird auch am Wahltag sein/ihr Kreuzchen bei einer<br />

bestimmten Partei machen, aber sie kann nicht sagen, dass die Politikwissenschaft als solche<br />

lehrt, diese <strong>und</strong> keine andere Partei wählen zu dürfen.<br />

Meine abschließenden Bemerkungen werde ich zwar auch als ‚Experte’ tätigen, aber nicht<br />

behaupten, dass ich die Meinung der Angewandten Linguistik schlechthin vertrete.<br />

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