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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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mit dem Fahrzeug unterwegs ist. Diese Vorbereitungen müssten nunmehr durch Observation<br />

durchgeführt werden und seien dadurch viel aufwendiger geworden.<br />

In allen Fällen, in denen die Verkehrsdaten originären Beweiswert hätten und in dieser Funktion<br />

bspw. im Kontext einer Anklagebegründung relevant sind, seien sie nicht ersetzbar. Hier<br />

blieben stets Lücken in <strong>der</strong> Tatsachenfeststellung. Es hängte dann vom Einzelfall ab, ob diese<br />

überbrückbar sind o<strong>der</strong> nicht.<br />

Für retrogra<strong>der</strong> Daten konnte auch hier keiner <strong>der</strong> Befragten ein praxistaugliches Substitut<br />

erkennen. Ein Staatsanwalt belegt dies anschaulich mit dem Hinweis auf das einzig denkbare,<br />

'natürliche' Substitut für fehlende Telefonverkehrsdaten: die im Wege einer Durchsuchung<br />

sichergestellte Telefonrechnung. Außer in dem glücklichen Ausnahmefall eines Zufallsfundes<br />

sei dies freilich keine realistische Option.<br />

Spiegelbildlich zu den Berichten <strong>der</strong> Ermittler ergibt sich auch in den Gesprächen mit den<br />

Staatsanwälten ein differenziertes Bild, was die mögliche Ersatzfunktion speziell <strong>der</strong> TKÜ<br />

gem. § 100a StPO anbetrifft. Einigkeit besteht in <strong>der</strong> Einschätzung, dass diese als Substitut<br />

zur Ermittlung retrograde Verkehrsdaten ausscheide. Uneinigkeit besteht hingegen in <strong>der</strong><br />

Beurteilung <strong>der</strong> Tauglichkeit im Hinblick auf zukunftsgerichtete Daten. Während einige Gesprächspartner<br />

die TKÜ – zum Teil unter expliziter Einbeziehung <strong>der</strong> Auslandskopfüberwachung<br />

– als grundsätzlich geeignetes Substitut bewerten, sind an<strong>der</strong>e zwar nicht generell ablehnend,<br />

aber doch skeptischer. Die Letzteren verweisen auf das ganz spezifische<br />

Ermittlungsziel <strong>der</strong> TKÜ, nämlich die Inhaltsüberwachung von Kommunikation. Bei <strong>der</strong><br />

Verkehrsdatenauswertung gehe es hingegen um die Aufklärung von Personenzusammenhängen<br />

und die Erstellung von Bewegungsbil<strong>der</strong>n. Überwachung mit TKÜ sei dann als Ausweichmaßnahme<br />

denkbar, wenn an<strong>der</strong>e Wege <strong>der</strong> Informationsgewinnung aussichtslos erscheinen.<br />

Solche Substitute könnten theoretisch sein: die 7-Tagesdaten gem. § 100 TKG –<br />

diese seien freilich nicht vollständig und würden zu kurz gespeichert – o<strong>der</strong> die Bestandsdaten<br />

gem. § 113 TKG – diese beträfen aber nur das Vertragsverhältnis und seien für Ermittlungszwecke<br />

nicht ausreichend. Daher bliebe in <strong>der</strong> Praxis tatsächlich häufiger als zuvor nur<br />

<strong>der</strong> Weg über Maßnahmen gem. § 100a StPO.<br />

Ein Staatsanwalt verweist kritisch darauf, dass die fehlende Filterfunktion <strong>der</strong> Verkehrsdatenauswertung<br />

auch zu <strong>der</strong> schon von einigen Polizeibeamten erwähnten Streuwirkung bei<br />

den Abhörmaßnahmen führen könne. Er beschreibt den fiktiven Fall eines Beschuldigten,<br />

dem 20 Anschlüsse zuzuordnen seien. Eigentlich müsste bei allen 20 Anschlüssen eine TKÜ<br />

geschaltet werden, um dann festzustellen, welchen o<strong>der</strong> welche er aktuell nutze. Die an<strong>der</strong>en<br />

wären in <strong>der</strong> Zwischenzeit aufwendig überwacht worden, obwohl sie nicht mehr benutzt werden.<br />

O<strong>der</strong> es wären Unbeteiligte überwacht worden, weil man manchmal erst nach einigen<br />

Tagen merke, dass man die falsche Person überwacht. Oftmals fehlten freilich tragfähige Erkenntnisse,<br />

um überhaupt eine TKÜ beantragen zu können. Ein Dezernent aus Bayern berichtet,<br />

dass dort zur Vorbereitung von § 100a-Maßnahmen jetzt im Einzelfall ein IMSI-Catcher<br />

eingesetzt werde, um die Anschlussnummer (bekannter) Verdächtiger herauszubekommen.

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