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MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

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209<br />

Verfassungsgerichtshof aus, dass das Gesetz Nr. 298/2008 gegen das Recht auf Privatsphäre<br />

(drept la viaţă intimă) gem. Art. 26 <strong>der</strong> rum. Verfassung, gegen das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis<br />

(drept la secretul corespondenţei) gem. Art. 28 rum. Verfassung, gegen das<br />

Recht auf freie Meinungsäußerung (drept la liberă exprimare) gem. Art. 30 rum. Verfassung<br />

sowie gegen Art. 8 EMRK verstößt.<br />

Der gesetzlichen Verpflichtung zur dauerhaften Speicherung von persönlichen Daten stehen<br />

die Persönlichkeitsrechte, insbeson<strong>der</strong>e das Recht auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung<br />

und auf Schutz personenbezogener Daten entgegen; im Hinblick auf diese Rechte besteht<br />

<strong>der</strong> weithin anerkannte Grundsatz, dass die Vertraulichkeit zu garantieren und zu respektieren<br />

ist und dass den Staat in dieser Hinsicht vor allem negative Pflichten treffen,<br />

nämlich so weit wie möglich von Eingriffen in die Ausübung des Rechts o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Freiheit<br />

abzusehen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind – in begrenztem Umfang – möglich, soweit<br />

dies mit <strong>der</strong> Verfassung und internationalen Übereinkommen vereinbar ist. Das Gesetz<br />

Nr. 298/2008 stellt eine solche Ausnahme dar.<br />

Die rechtliche Verpflichtung zur dauerhaften Speicherung von persönlichen Daten, wie sie<br />

das Gesetz zur Datenspeicherung vorsieht, macht jedoch nach Ansicht des Gerichtshofes die<br />

Ausnahme vom Grundsatz des Schutzes des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts auf freie<br />

Meinungsäußerung zur absoluten Regel (regulă absolută). Damit werden Bestimmungen<br />

über die Speicherung von Daten als Regel eingeführt, die die Strafprozessordung (Codul de<br />

procedură penală, C.p.p.) nur als strenge Ausnahme vorsieht. Die fortlaufende Aufbewahrung<br />

von Daten für die Dauer von sechs Monaten ab ihrer Erfassung, um gegebenenfalls auf<br />

richterliche Anordnung auf die in <strong>der</strong> Vergangenheit angefallenen – und nicht nur auf die<br />

zukünftig anfallenden – Daten zugreifen zu können, steht hierzu im Wi<strong>der</strong>spruch. Die Bestimmung<br />

einer positiven Verpflichtung, welche die fortwährende Einschränkung des Rechts<br />

auf Privatsphäre und auf vertrauliche Korrespondenz vorsieht, führt zur Beseitigung des<br />

Kerngehalts dieses Rechts, indem die Schutzvorkehrungen zur Gewährleistung <strong>der</strong> Ausübung<br />

des Rechts beseitigt werden. Natürliche und juristische Personen, d.h. Massenanwen<strong>der</strong> elektronischer<br />

Kommunikationsdienste, sind ununterbrochen dieser Einmischung in die Ausübung<br />

ihrer Rechte auf vertrauliche Korrespondenz und freie Meinungsäußerung ausgesetzt, ohne<br />

dass noch eine Möglichkeit einer freien und unzensierten Manifestation dieser Rechte besteht,<br />

außer im Wege direkter Kommunikation, was jedoch einen Ausschluss von den heutigen<br />

Kommunikationsmitteln bedeutet.<br />

Das Gesetz Nr. 298/2008 verstößt nach <strong>der</strong> Entscheidung überdies gegen den Grundsatz <strong>der</strong><br />

Verhältnismäßigkeit, <strong>der</strong> verfassungsrechtlich in Art. 53 II rum. Verfassung verankert ist.<br />

Dieser Grundsatz gebietet, dass das Maß <strong>der</strong> Grundrechtsbeschränkung <strong>der</strong> Situation entsprechen<br />

muss, die zu ihrer Anwendung geführt hat, und dass die Grundrechtsbeschränkung mit<br />

dem Zeitpunkt des Wegfalls ihres Grundes beendet werden muss. Das Gesetz sieht demgegenüber<br />

eine Verpflichtung zur dauerhaften Speicherung von persönlichen Daten ab dem<br />

Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor, ohne die Notwendigkeit in Betracht zu ziehen, dass die<br />

Speicherung mit dem Wegfall des Grundes beendet werden muss, <strong>der</strong> zu ihrer Einführung

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