MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...
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§ 96 Abs. 1 und § 113a TKG. 74 Die ehemals in § 96 Abs. 2 normierte Weiterverweisung<br />
auf die „durch an<strong>der</strong>e gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecke“ war nach <strong>der</strong> wohl<br />
h.M. gesperrt. 75 Unter Berufung auf diese Ansicht hätten Provi<strong>der</strong> die Herausgabe vorhandener<br />
Daten an die Strafverfolgungsbehörden verweigern dürfen, wenn diese lediglich zu<br />
internen Zwecken <strong>der</strong> Störungs- und Missbrauchsbekämpfung erhoben wurden. Mit <strong>der</strong><br />
Überführung <strong>der</strong> erwähnten Verweiskette in den § 96 Abs. 1 S. 2 76 dürfte dieser Streitpunkt<br />
obsolet geworden sein.<br />
– Anbieter von Anonymisierungs- und Proxydiensten waren nach § 113a Abs. 6 TKG verpflichtet,<br />
die Rückverfolgung aller verän<strong>der</strong>ten Daten zu protokollieren. Anonymisierungsdienste<br />
leiten – ebenso wie einige Arten von Proxyservern – Informationen Dritter „im eigenen<br />
Namen“, d.h. mit <strong>der</strong> eigenen IP-Adresse, weiter. 77 Beim Empfänger einer Kommu-<br />
Kommunikation ist daher lediglich die IP-Adresse dieses Anbieters sichtbar, nicht jedoch<br />
die des eigentlichen Absen<strong>der</strong>s. Wird die Umschreibung nicht protokolliert, so ist die Verbindung<br />
nicht mehr bis zum eigentlichen Absen<strong>der</strong> zurückverfolgbar, was bei Anonymisierungsdiensten<br />
sowie einigen Proxydiensten regelmäßig zum Geschäftsmodell gehört, bei<br />
an<strong>der</strong>en Anbietern jedoch eher unbeabsichtigte Nebenfolge sein kann. § 113a Abs. 6 TKG<br />
schreibt Anbietern, die „nach Maßgabe dieser Vorschrift zu speichernde Angaben verän<strong>der</strong>n“<br />
vor, sowohl die ursprünglichen als auch die neuen Angaben als auch den Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Umschreibung zu protokollieren. Der wichtigste Anwendungsfall dürfte sich, wie im<br />
obigen Beispiel geschil<strong>der</strong>t, auf die Umschreibung von IP-Adressen beziehen, die nach<br />
§ 113a Abs. 4 Nr. 1 TKG bei <strong>der</strong> Vergabe zu protokollieren sind. Durch die Speicherpflicht<br />
soll verhin<strong>der</strong>t werden, dass Verbindungen mit Hilfe von Anonymisierungs- und ähnlichen<br />
Diensten verschleiert werden können. 78<br />
____________<br />
74 Insoweit weist <strong>der</strong> in Anm. 73 zitierte Fall eine Beson<strong>der</strong>heit auf, denn im entschiedenen Fall hatte <strong>der</strong><br />
Kunde die Möglichkeit, sich mit Hilfe seiner Zugangsdaten auch über an<strong>der</strong>e Wege einzuwählen, z.B. über<br />
Hotspots o<strong>der</strong> GSM-Verbindungen. In diesem Fall wären beson<strong>der</strong>e Nutzungsentgelte fällig geworden, so dass<br />
zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem feststeht, ob die IP-Adresse zur Abrechnung dieser Leistungen benötigt<br />
wird, die Zuordnung auch nach § 96 TKG gespeichert werden durfte. Das Gesetz verlange, so das Gericht, lediglich<br />
eine unverzügliche und nicht etwa eine sofortige Löschung. Ob diesbezüglich ebenfalls die Sieben-Tage-<br />
Frist noch ausreichend gewesen wäre (was angesichts <strong>der</strong> für die Rechnungserstellung regelmäßig zur Verfügung<br />
stehenden Rechnerkapazitäten zu bezweifeln ist) musste nicht entschieden werden, da jedenfalls nach<br />
§ 100 TKG eine Speicherung in diesem Zeitraum zulässig war.<br />
75 Im Gegensatz zu <strong>der</strong> Ansicht von Bär, MMR 2008, 307, <strong>der</strong> den Zugriff auf Daten nach § 100 TKG im<br />
Rahmen des § 100g StPO stets für zulässig erachtete, stand dem nach <strong>der</strong> wohl h.M. <strong>der</strong> Wortlaut des § 100g<br />
StPO entgegen, welcher explizit nur auf die Verkehrsdaten nach §§ 96 Abs. 1, 113a TKG verweist. Ungeachtet<br />
<strong>der</strong> gesetzgeberischen Absicht (vgl. die Erläuterungen in BT-Drucks. 16/5846, S. 51) wurde ein unbegrenzter<br />
Zugriff auf sämtliche anbieterseits verfügbaren Daten mit Hinweis auf die unterschiedlichen Zweckbestimmungen<br />
des TKG für unzulässig erachtet. Vgl. Hegmann, in: Graf (Hrsg.), Beck‟scher Online-Kommentar, § 100g<br />
StPO Rn. 1 sowie Nack, KK-StPO, § 100g StPO Rn. 1.<br />
76 Art. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>pornographie in Kommunikationsnetzen vom 17.2.2010,<br />
BGBl. I, S. 78.<br />
77 Vgl. zu den technischen Grundlagen und rechtlichen Bewertungen ausführlich Brunst, Anonymität im<br />
Internet.<br />
78 Zu den Erfolgsaussichten dieses Vorhabens vgl. wie<strong>der</strong>um Brunst, Anonymität im Internet.