02.04.2013 Aufrufe

MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

MPI Gutachten Vorratsdatenspeicherung - Bundesministerium der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4<br />

chern dürfen (die also in einem weitgehend durch einen Vertrag zwischen Unternehmen und<br />

Kunden gestalteten Prozess entstehen). Die Unterscheidungsbedürftigkeit (zwischen anlasslos<br />

und umfassend gespeicherten Daten und den im Rahmen <strong>der</strong> zivil-, telekommunikations- und<br />

datenschutzrechtlich begründeten Datenspeicherung) ergibt sich nach den Urteilsgründen aus<br />

<strong>der</strong> Unausweichlichkeit, Vollständigkeit und damit gesteigerten Aussagekraft <strong>der</strong> über sechs<br />

Monate systematisch vorsorglich erhobenen Verkehrsdaten. Den auf Vorrat gespeicherten<br />

Verkehrsdaten wird ein im Verhältnis zu den bei den Telekommunikationsunternehmen zu<br />

Abrechnungs- und Kontrollzwecken gespeicherten Verkehrsdaten ungleich größeres Gewicht<br />

wegen <strong>der</strong> tief in das Privatleben eindringenden Rückschlussmöglichkeiten und <strong>der</strong><br />

Erstellbarkeit unter Umständen detaillierter Persönlichkeits- und Bewegungsprofile zugemessen.<br />

Die auf Vorrat gespeicherten Verkehrsdaten werden deshalb <strong>der</strong> inhaltsbezogenen Telekommunikationsüberwachung<br />

gleichgestellt. Hieraus ergibt sich dann, dass die Verwendung<br />

solcher Daten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur genügt, wenn sie beson<strong>der</strong>s hochrangigen<br />

Gemeinwohlbelangen dient. Eine Verwendung <strong>der</strong> Daten kommt deshalb nur für überragend<br />

wichtige Aufgaben des Rechtsgüterschutzes in Betracht, das heißt zur Ahndung von<br />

Straftaten, die überragend wichtige Rechtsgüter bedrohen o<strong>der</strong> zur Abwehr von Gefahren für<br />

solche Rechtsgüter (Nr. 227). Deshalb setzt <strong>der</strong> Datenabruf zumindest den durch bestimmte<br />

Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraus. Diese Straftaten können<br />

durch den Gesetzgeber in einem eigenständigen und abschließenden Katalog o<strong>der</strong> durch Bezugnahme<br />

auf einen bestehenden Katalog festgelegt werden. Die Schwere <strong>der</strong> Straftat ist anhand<br />

objektivierbarer Kriterien zu bestimmen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Strafdrohungen (vgl. BVerf-<br />

GE 109, S. 279, S 343 ff., S. 347 f.); die verfolgte Straftat muss auch im Einzelfall schwer<br />

sein. Ein Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers besteht, jedoch sind Generalklausel o<strong>der</strong><br />

Verweis auf Straftaten von erheblicher Bedeutung ausgeschlossen (Rdnr. 229).<br />

Das Gericht hat sich auch zur Verwendung gespeicherter Daten für Zwecke <strong>der</strong> Gefahrenabwehr<br />

und nachrichtendienstlicher Aufgaben geäußert und auch für diese Bereiche eine wirksame<br />

Begrenzung eingefor<strong>der</strong>t (Rdnr. 230). Zur Begrenzung wird hier verständlicherweise<br />

nicht an Straftatenkataloge gedacht. Vielmehr soll eine unmittelbare Bezugnahme auf hochrangige<br />

Rechtsgüter, <strong>der</strong>en Schutz mit Hilfe gespeicherter Verkehrsdaten angestrebt wird,<br />

erfolgen. Hinzutreten soll die Intensität <strong>der</strong> Gefahr. Ein Abruf gespeicherter Telekommunikationsverkehrsdaten<br />

wird auf dieser Grundlage nur zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben<br />

o<strong>der</strong> Freiheit einer Person, für den Bestand o<strong>der</strong> die Sicherheit des Bundes o<strong>der</strong> eines Landes<br />

o<strong>der</strong> zur Abwehr einer gemeinen Gefahr zulässig sein (Rdnr. 231). Für die Bestimmung <strong>der</strong><br />

Gefahr reichen nach den Ausführungen des Gerichts Vermutungen und allgemeine Erfahrungssätze<br />

nicht aus. Bestimmte Tatsachen müssen die Prognose einer konkreten Gefahr begründen.<br />

Dies bedeutet, dass im Einzelfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass<br />

in absehbarer Zeit ohne Eingreifen des Staates ein Schaden für die Schutzgüter <strong>der</strong> Norm<br />

durch bestimmte Personen verursacht wird. Gefor<strong>der</strong>t sind ein konkretisierbares und zeitlich<br />

absehbares Geschehen sowie Informationen zu potentiellen Gefahrverursachern, gegen die<br />

die Abfrage gezielt eingesetzt werden kann. Eingriffe im Vorfeld von Gefahren müssen unterbleiben.<br />

Eine Differenzierung zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten kommt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!