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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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Erst in jüngster Zeit vollzieht sich ein Wandel, bei dem sich das Interesse<br />

der Ethnologen nicht nur darauf richtet, wie fremde Elemente abgewehrt<br />

werden, sondern auch auf den Prozess der Aneignung zielt. Der Prozess der<br />

Aneignung wird dabei unter verschiedene Begriffe gefasst:<br />

Kohl (2000) spricht von kultureller Integration, Robertson (1992: 173f.)<br />

von glocalisation, also einer Lokalisierung des Globalen und Sahlins (1993)<br />

von domestication. Sahlins erweitert seine Theorie der Domestic Mode of<br />

Production um das Element der fremden Einflüsse. Sahlins beschreibt diese<br />

aus der emischen Sicht als das Wilde, das durch Domestikation, also<br />

Umdeutung und Umwandlung, nutzbar gemacht wird.<br />

Beck (2001) und Spittler (2002b) rücken innerhalb einer handlungsorientierten<br />

Perspektive den Begriff der Aneignung (appropriation) ins Zentrum<br />

des Interesses. Der Begriff Aneignung beinhaltet in seiner umfassenden<br />

Bedeutung ähnliches wie Indigenisierung, Lokalisierung oder Domestikation,<br />

betont aber stärker als diese, dass es um Handeln und nicht um Strukturen<br />

geht. Indigenisierung, Lokalisierung und Domestikation richten den<br />

Blick nur dorthin, wo das vormals Fremde zum Eigenen wird, ohne den<br />

Weg dorthin genauer zu betrachten. Nach Spittler ist Aneignung mehr als<br />

bloße Einbettung und Neuinterpretation fremder Güter in lokale Kontexte.<br />

Zu Recht fordert er, dass auch der Prozess der Aneignung als Interaktion<br />

gesehen wird. Fremde Güter tauchen nicht aus dem Nichts in einem lokalen<br />

Kontext auf, vielmehr haben sie immer auch eine Herkunft und einen Weg,<br />

die jeweils von eigenen Akteuren begleitet werden. Die Interaktion dieser<br />

Akteure mit denen, die das Neue schließlich in einen neuen lokalen Kontext<br />

integrieren, gilt es zu untersuchen. Förster (2005) führt diesen Ansatz<br />

weiter, indem er, ausgehend vom Beispiel des Erfolgs indischer Filme in<br />

Nigeria, sowie der rezenten nigerianischen Videoproduktion, darauf<br />

verweist, dass man weder von „Einfließen“ noch von „Aneignung“ bestehender<br />

kultureller Formen sprechen kann. Vielmehr entstehe etwas Neues,<br />

das zu denken die eigentliche Herausforderung der Globalisierung für die<br />

Ethnologie sei.<br />

Als Beispiel für den Perspektivenwechsel innerhalb der Ethnologie kann<br />

die Auseinandersetzung mit dem Bereich der materiellen Kultur gelten. In<br />

der Untersuchung materieller Kultur beschränkt sich die Ethnologie<br />

beginnend mit den Arbeiten von Douglas & Isherwood (1979) und Bourdieu<br />

(1982) nicht mehr nur mit Dingen indigener, meist handwerklicher Herstellung,<br />

sondern auch mit Konsumgütern. Mit Vertretern wie Daniel Miller hat<br />

sich die Konsumforschung seit den 1980er Jahren zu einem zentralen Feld<br />

ethnologischen Interesses entwickelt. Fremde Einflüsse werden nicht mehr<br />

Aufmerksamkeit schenkt. Seinen Schriften (unter anderem 2002a, 2002b) und zahlreichen<br />

Diskussionen und Gesprächen verdanke ich grundlegende Fundamente dieser Arbeit.<br />

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