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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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303<br />

Glasperlen sind eine solche Ware, die man gewissermaßen zwingend in<br />

seinem Warenbestand haben muss, will man Handel treiben. Aber es gibt<br />

eben keine freien Anbietermärkte, auf denen indische Perlen in direkte<br />

Konkurrenz etwa zu Perlen aus dem Fichtelgebirge treten könnten.<br />

Glasperlen sind also Luxusgut für den indischen Konsum, ebenso wie sie<br />

als solches auch eine ideale Fernhandelsware sind, die ganz spezifische<br />

Funktionen in großräumigen Austauschsystemen übernimmt. Wichtig ist<br />

festzuhalten, dass es in Indien ebenso wie im Fichtelgebirge nie zur<br />

Herausbildung einer Gruppe der Glas- oder Glasperlenhändler kommt. Das<br />

ist an sich auch nicht zwingend notwendig, etwa im Sinne einer logischen<br />

Evolution einer Glasperlenindustrie. Glasperlen sind über lange Zeit eine<br />

eher homogene Ware. Indische Perlen unterscheiden sich als Luxusware im<br />

unteren Qualitätssegment nicht von Perlen aus dem Fichtelgebirge. Man<br />

kann von so etwas wie einer friedlichen Koexistenz beider sprechen. Erst als<br />

sich der Freihandel durchsetzt kommt es zu einer echten globalen Konkurrenz,<br />

bei der sowohl die indischen wie auch die fränkischen Produzenten der<br />

Konkurrenz aus Böhmen weit unterlegen sind. Jetzt erweist sich das<br />

technische Niveau der beiden erstgenannten Standorte, das über Jahrhunderte<br />

stagniert hat, als Nachteil. Hinzu kommt, dass beide strukturell keinerlei<br />

Kooperationsformen entwickelt haben, die dem Zusammenspiel von<br />

Produktion und Handel auf böhmischer Seite etwas hätte entgegensetzen<br />

können. Im Fall der indischen Glasperlenindustrie tritt eine feudal und<br />

handwerklich geprägte Glasperlenindustrie gegen einen kapitalistisch<br />

orientierten industrial district an (zum Modell des industrial district siehe<br />

ausführlich S. 500ff.).<br />

Die folgenden Ausführungen sollen den groben historischen Rahmen<br />

skizzieren, in dem indische Perlen nach Sansibar bzw. Ostafrika gehandelt<br />

werden.<br />

In vorkolonialer Zeit spielt das Sultanat Gujerat eine Schlüsselrolle im<br />

Seehandel des Indischen Ozeans und damit im Exporthandel von Perlen<br />

nach Ostafrika. Träger dieses Handels sind nichtmuslimische Händler.<br />

Ihnen kommt eine ganz besondere Rolle innerhalb der Ökonomien der<br />

islamischen indischen Staaten und später auch innerhalb des portugiesischen<br />

Herrschaftssystems zu.<br />

Indien ist bis ins 19. Jh. hinein geprägt durch ein Wirtschaftssystem, das<br />

hauptsächlich auf bäuerlicher Arbeit und deren Erträgen basiert. Gleichzeitig<br />

existieren hochentwickelte Handwerke, die mit einfachen Mitteln für den<br />

lokalen Bedarf produzieren. Die Produktion von Gütern für den Export ist<br />

kaum ausgeprägt. Glasperlen werden ebenso wie Metallwaren und Textilien<br />

in kleinen Handwerksbetrieben gefertigt. Größere Betriebe wie Manufakturen<br />

gibt es nicht. In Europa ist die Situation bis zur anbrechenden Neuzeit<br />

durchaus ähnlich (dazu S. 19ff.). Vergleicht man die Geschichte der

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