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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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über einige wenige Händler nach Arusha, sondern über vielfältige Kanäle.<br />

Das reicht vom kirchlichen Entwicklungshilfeprojekt bis zum Geschäftsmann,<br />

der einige Plastiktüten direkt aus Tschechien mitbringt. Im Ergebnis<br />

zeigt sich, dass die Leistung des Händlers, die Aneignung einer globale<br />

Ware auf lokaler Ebene zu ermöglichen, größer ist, als die Leistung, die<br />

Distanz zwischen globalem Angebotsmarkt und lokalem Mark zu überbrücken.<br />

Als weiterer Faktor ist zu berücksichtigen, dass die westliche marktwirtschaftliche<br />

Welt immer stärker in das Leben der Ilarus eingeflochten<br />

wurde. In dem Maße wie marktwirtschaftlicher Handel zunehmend eine<br />

Rolle im alltäglichen Leben spielt, wird für den Einzelnen auch die Möglichkeit<br />

in Betracht kommen, sich selbst aktiv am Handel zu beteiligen,<br />

soweit dies nicht mit anderen Handlungsorientierungen in Konflikt steht.<br />

Eine mögliche Weiterentwicklung dieser Prozesse ist z.B. die zunehmende<br />

Einbindung der Frauen in diese marktwirtschaftlichen Strukturen, worauf<br />

dann, so könnte man vermuten, gerade im Handel mit Glasperlen zunehmend<br />

Frauen die männlichen Händler verdrängen werden.<br />

Anhand verschiedener Beispiele konnte gezeigt werden, dass die Produktion<br />

einer globalen Ware wie sie Glasperlen sind, ganz spezifische Erfordernisse<br />

mit sich bringt. Zentral ist dabei, wie mit den Risiken umgegangen<br />

wird, die zwangsläufig aus den Verflechtungen einer globalen Marktorientierung<br />

resultieren. Die Strategie der Paterlmacher besteht darin, mit der<br />

Subsistenzproduktion ein zweites Standbein zu haben. Krisen der Absatzmärkte<br />

treffen sie direkt, gefährden aber nicht die Existenz, die auf Landwirtschaft<br />

und aneignender Sammelwirtschaft beruht. Die Gablonzer<br />

Industrie dagegen ist auf einer anderen Strategie gegründet: Schon früh im<br />

19. Jh. verzichtet man hier weitgehend auf die Sicherung durch Subsistenzproduktion.<br />

Dies fällt leicht, sind die Bedingungen für die Subsistenzproduktion<br />

doch sogar noch schlechter als im rauen Fichtelgebirge.<br />

Der entscheidende Vorteil ist die enge Verflechtung von Handel und<br />

Produktion innerhalb einer Struktur, die hunderte kleiner und mittlerer<br />

Betriebe umfasst und damit eine große Flexibilität garantiert. Dass dabei<br />

spezifischen Handlungsorientierungen eine zentrale Rolle zukommt, wird<br />

im theoretischen Ansatz der industrial districts (hier spricht man von<br />

Kultur) ebenso erkannt wie es auch immer wieder in der emischen Sicht<br />

betont wird, wenn etwa von spezifischen Bildungsidealen berichtet wird.<br />

Diesen Handlungsorientierungen und etwa ihren Verwurzelungen in<br />

Religion oder Verwandtschaft nachzuspüren ist eine lohnende Aufgabe für<br />

zukünftige Forschungen.<br />

Kann die Verflechtung von globaler Marktproduktion und Subsistenz<br />

noch als Beispiel für in der Ethnologie schon durch die Arbeiten von<br />

Polanyi und anderen beschriebenen Paradigmen gesehen werden, so finden<br />

sich die fruchtbarsten Ansätze, unter die das Phänomen Gablonzer Industrie

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