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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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243<br />

Weise organisch verbunden wäre – ja, diese Ungebundenheit und Beweglichkeit<br />

ist gleichzeitig Voraussetzung und Grund für sein Händlersein. 210<br />

Weber, Sombart und Simmel haben mit den Aspekten der Migration von<br />

Händlerminoritäten, ihrer spezifischen kulturellen Werte und ihrer Rolle als<br />

Fremde die Topoi aufgezeigt, die auch in den folgenden Jahrzehnten die<br />

Grundlage der Auseinandersetzung mit dem Thema ethnische Minderheit<br />

und Ökonomie bilden. Das Ende der 1920er von Robert Park entwickelte<br />

Konzept des marginal man geht aufbauend auf Simmels Arbeiten davon<br />

aus, dass Einwanderer in Gesellschaften eine Randposition einnehmen, weil<br />

ihre Versuche der Integration und Assimilation scheitern. 211 Deutlich von<br />

Park abgegrenzt, aber dennoch in der Tradition der frühen deutschen<br />

Soziologie stehend, sind dann etwa die Theorie der „middleman minorities“<br />

der späten 1950er Jahre oder das Konzept des „sojourner“ wie es Siu 1952<br />

vorstellt, auch in der späteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung<br />

Ansätze, die sich gerade in Bezug auf die Rolle indischer Händler in<br />

Ostafrika fruchtbar anwenden lassen. 212<br />

Der sojourner, wie Siu ihn 1952 beschreibt, ist ein Arbeitsmigrant, der<br />

mit der Absicht in die Fremde zieht, baldmöglichst wieder in die Heimat<br />

zurückzukehren, weshalb er auch nicht bemüht ist, sich gänzlich dort zu<br />

integrieren. Die Fremde wird also nicht zur Heimat, doch entfremdet er sich,<br />

je länger er bleibt, auch der alten Heimat. Zusammen mit anderen Migranten<br />

gleicher Herkunft entwickelt er zunehmend eine neue eigene Identität, die<br />

ihn sowohl dort fremd bleiben lässt, wo er ist, wie sie ihn auch dort fremd<br />

werden lässt, wo er herkommt.<br />

Becker entwickelt 1956 das Konzept der middleman minorities. Ähnlich<br />

wie die Juden in Europa bis 1945, so seine Annahme, würden überall auf<br />

der Welt ethnische Minderheiten Funktionen als Mittler einnehmen. Als<br />

Beispiele führt er die Armenier im Osmanischen Reich und die Inder in<br />

Ostafrika an. Diese „middleman trading people“ gehören typischerweise<br />

weder zur gesellschaftlichen Elite noch zur Unterschicht; sie nehmen eine<br />

mittlere gesellschaftliche Position ein. Blalock greift 1967 diesen Ansatz auf<br />

und verweist auf die spezifischen Funktionen, die diese Minderheiten<br />

einnehmen. Als Händler sind sie wichtige gesellschaftliche Bindeglieder.<br />

Blalock spricht von Intermediären, die zwischen Produzenten und Konsumenten<br />

vermitteln.<br />

Light (1972) und Bonacich (1973) können in ihren Arbeiten zeigen, dass<br />

auch in industriellen Gesellschaften solche intermediären Minderheiten als<br />

Unternehmer wichtige Mittlerfunktionen inne haben und dennoch typischerweise<br />

isoliert bleiben. Sie zeichnen sich durch einen starken inneren<br />

210 Simmel 1908: 685ff.<br />

211 Park 1928: 881ff.<br />

212 Vgl. dazu vor allem Egbert 2002: 700ff.

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