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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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der, wie sich später zeigen wird, immer ein supralokaler Handel ist, ist ohne<br />

Händler gar nicht denkbar. Den direkt vermarktenden Glasperlenmacher<br />

gibt es gewiss, doch werden immer deutlich mehr Perlen produziert als<br />

direkt vermarktet werden können, weshalb ein Teil der Produktion an<br />

Händler weitergegeben wird. Bemerkenswert ist weiter, dass an verschiedenen<br />

Punkten in der Handelskette der Glasperlen solche Händler eine<br />

wichtige Rolle spielen, die einer Händlerminorität bzw. allgemeiner einer<br />

ethnischen Minderheit angehören – seien es die Bohrahändler in Tansania<br />

oder jüdische Händler in Europa. Sie definieren sich selbst als ethnische<br />

Minderheit in Abgrenzung von der Mehrheitsbevölkerung und auch von<br />

anderen Minderheiten. Merkmale der Abgrenzung können unter anderem<br />

Sprache, Religion und regionale Herkunft sein. Als Selbstdefinition ist die<br />

Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit demnach auch nicht unveränderlich<br />

oder als primordiale Eigenschaft zu verstehen. Max Weber und<br />

Werner Sombart thematisieren als erste die Rolle ethnischer und religiöser<br />

Minderheiten innerhalb wirtschaftlicher Wandlungsprozesse. Sie zeigen<br />

Zusammenhänge zwischen religionsspezifisch geprägten Denk- und<br />

Verhaltensweisen und wirtschaftlichem Erfolg auf. Weber stützt sich dabei<br />

auf das bekannte Beispiel der Puritaner in Nordamerika, deren protestantische<br />

Ethik einer der wichtigsten Schlüssel zum Verständnis der Entstehung<br />

des modernen Kapitalismus bildet. Weber entwickelt diesen Gedanken in<br />

seinem 1904 publizierten Werk „Die protestantische Ethik und der Geist des<br />

Kapitalismus“, das entscheidend beeinflusst ist von Sombarts 1902 erschienenen<br />

Buch „Der moderne Kapitalismus“. Sombart wiederum greift Webers<br />

Gedanken auf und verarbeitet sie in dem 1911 erschienen „Die Juden und<br />

das Wirtschaftsleben“. 203<br />

Sombart analysiert die Migrationsbewegungen der jüdischen Gruppen in<br />

Europa und zeigt auf, dass diese in direktem Zusammenhang mit der<br />

Verschiebung der wirtschaftlichen Zentren von Süd- nach Nordeuropa<br />

stehen. Dort, wo die Juden vertrieben werden, stellt sich in der Regel auch<br />

zeitnah ein wirtschaftlicher Niedergang ein, wie umgekehrt dort, wo sie<br />

Aufnahme finden, bald ein wirtschaftliches Erblühen festzustellen ist.<br />

Sombart zeigt, dass gerade die Rolle der europäischen Juden als Minderheit<br />

dazu führt, dass sie als Gruppe Verhaltensweisen entwickeln, die sich im<br />

entstehenden Kapitalismus als Vorteil erweisen. Zu diesen Verhaltensweisen<br />

rechnet Sombart die Kommerzialisierung der Wirtschaft, 204 die<br />

203 Einen Überblick nicht nur über die ökonomischen Theorien zum Unternehmertum<br />

ethnischer Minderheiten gibt Egbert 2003.<br />

204 Sombart versteht unter Kommerzialisierung der Wirtschaft die Auflösung aller wirtschaftlichen<br />

Vorgänge in Handelsgeschäfte. Dies umfasst drei Prozesse: 1. die Versachlichung des<br />

Kredits, bzw. von Forderungsrechten allgemein und deren Verkörperung in Wertpapieren<br />

(wie Wechseln, Aktien, Banknoten und Obligationen), 2. die Vermarktung (Mobilisierung)

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