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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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Glas zu einem langen Strang auszuziehen. Heute jedoch wird Stangenglas<br />

mechanisch ausgezogen. Auf die historische Entwicklung werde ich im<br />

Kapitel über die Gablonzer Industrie ausführlicher eingehen (S. 486ff.), die<br />

grundlegenden Formen und Techniken werde ich allgemein im Folgenden<br />

aufzeigen.<br />

Druckstangen wie sie die Perlenmacher von den Hütten beziehen sind 80<br />

bis 110 cm lang, mit einem Durchmesser von zwei bis drei Zentimeter. Sie<br />

dienen dem handwerklichen Herstellen in den Drückhütten oder zur<br />

Weiterverarbeitung zu Glasstangel für Lampenarbeiten. Für die mechanische<br />

Herstellung von Hacke-, Spreng- und Schmelzperlen werden Glasröhren<br />

gebraucht, die den Stangen in Form und Herstellung weitgehend<br />

gleichen. Werden die hohlen Stengel noch dünner ausgezogen, so nennt man<br />

sie Fäden. 63 Sind sie auf zwei Seiten abgeplattet, so bezeichnet man sie als<br />

Bänder. Diese Formen sind weiterhin Grundlage für die Veredelung zu<br />

Filigran- 64 und Mosaik- oder Millefiorigläsern. Die Produkte unterscheiden<br />

sich in Form (zylindrische oder seltener, façonierte Stäbe) und Gestalt<br />

(einfaches weißes bzw. einfarbiges Glas oder überfangenes Glas (im<br />

Querschnitt zeigen sich einfache Muster wie Ringe und Sterne) oder<br />

zusammengesetztes Glas mit komplexen Blumen oder Tiergestalten wie bei<br />

antiken römischen und phönizischen Gläsern und den venezianischen<br />

Gläsern im 18. und 19. Jh.<br />

Die Herstellung der Stangen gehört zu den faszinierendsten Arbeiten bei<br />

der Glas- und Perlenherstellung. Zur Verdeutlichung des Arbeitsganges<br />

zunächst das abstrakte Prinzip dieses Formungsprozesses: Ein Körper<br />

zähflüssige Glasmasse wird in eine Richtung auseinander gezogen. Bemerkenswert<br />

ist dabei, dass sich die Form des Körpers im Schnitt erhält. Nimmt<br />

man z.B. eine Glasröhre, die man in der Mitte erhitzt, und zieht dann die<br />

Enden auseinander, so bleibt ihre Form proportional im Durchschnitt<br />

erhalten. D.h. egal wie dünn man das Glas zieht, die Röhrenform bleibt<br />

erhalten. So leitet sich auch der Name der so genannte Fadenperlen ab, die<br />

man herstellt, indem Glasröhren zu dünnen Fäden ausgezogen werden und<br />

dann in kleine Stücke gebrochen werden. Nur so können kleinste Perlen mit<br />

extrem kleinen Löchern hergestellt werden.<br />

Runde Glasstangen erhält man, indem eine zylinderförmige Glasmasse in<br />

der Zylinderachse gestreckt wird. Ebenso lässt sich jede beliebige andere<br />

63 Perlenmacher, die an der Lampe arbeiten, bevorzugen dünne Stäbe bzw. Fäden. Sie können<br />

aber auch die stärkeren Stangen verarbeiten. Das Ziehen der Stangen auf Stärken von einem<br />

halben bis einem Zentimeter ist meist ein von den anderen Arbeiten separierter, eigener<br />

Arbeitsgang, der nicht an der Lampe durchgeführt wird. Das Glas lässt sich in einem Ofen<br />

effektiver zum Ziehen erhitzen (z.B. in einem Drückofen, sofern in der gleichen Werkstatt<br />

vorhanden).<br />

64 Filigranglas ist ein allgemeiner Sammelbegriff (franz. verres filigranés) für Band-, Faden-,<br />

Spitzen- oder retikulierte Gläser.<br />

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