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Dokument_1.pdf (9487 KB) - OPUS Bayreuth - Universität Bayreuth

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241<br />

Bejahung von freier Konkurrenz und die Herausbildung dessen, was er<br />

Wirtschaftsgesinnung nennt. Innerhalb der jüdischen Minderheit sieht er<br />

diese Verhaltensweisen deutlich ausgeprägter als in der Bevölkerungsmehrheit.<br />

Was versteht Sombart unter einer kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung?<br />

Er greift auf die von ihm entwickelte und bis heute verbreitete<br />

Unterscheidung Frühkapitalismus, Hochkapitalismus und Spätkapitalismus<br />

als Hauptphasen der Entwicklung des Kapitalismus zurück. Während der<br />

gesamten frühkapitalistischen Phase sieht Sombart die jüdische und nichtjüdische<br />

Wirtschaftsgesinnung in schroffem Gegensatz zueinander. Auf der<br />

Seite der christlichen Händler ist eine Wirtschaftsgesinnung verbreitet, die<br />

auf den Grundgedanken eines Traditionalismus, des Nahrungsideals 205 , der<br />

Idee der ständischen Gliederung und der Stabilität beruht. Die jüdischen<br />

Händler besitzen aber bereits zu dieser Zeit (15./16. Jh.) einen „modernen“<br />

Geist, der von einer grundsätzlich individualistischen Auffassung von<br />

Wirtschaft geprägt ist, nach dem die Wirkungssphäre des Einzelnen durch<br />

keine objektive Satzung begrenzt ist, weder was die Größe des Absatzes<br />

noch was die Gliederung von Berufen betrifft. Jeder muss sich demnach<br />

seine Stellung neu erobern und stets gegen Angriffe verteidigen, er hat aber<br />

auch das Recht, seinen eigenen Spielraum so weit auszudehnen, wie es seine<br />

Kräfte erlauben. Grenzen findet das Wirtschaftsubjekt lediglich im eigenen<br />

Vermögen und im gesetzten Recht. Diese kapitalistische Wirtschaftsgesinnung<br />

der Juden verkörpere nichts anderes als die Ideen des Freihandels, der<br />

freien Konkurrenz und des ökonomischen Rationalismus. 206<br />

Sombart fragt weiter nach dem, was die Juden als Gruppe zum Kapitalismus<br />

befähigt hat. Als ersten objektiven Grund nennt er die weite räumliche<br />

Verbreitung. Die Zerstreuung über alle Länder bringe wichtige Vorteile<br />

mit sich, wie gute Sprachkenntnisse oder einen guten transnationalen<br />

Austausch von Informationen. Die Rolle der Juden als Halbbürger werde<br />

zwar oft überbetont; dennoch sieht auch Sombart in der besonderen<br />

gewerberechtlichen und polizeilichen Stellung der Juden Ursachen für ihre<br />

Befähigung zum Kapitalismus. Wichtiger scheint ihm aber die Fremdheit,<br />

und auch, dass viele vor allem von der Iberischen Halbinsel nach Nordeuropa<br />

kommende Juden, über einen gewissen Reichtum verfügten. Letztlich<br />

meint Sombart sogar, typisch jüdische Eigenschaften wie Klugheit, Nüch-<br />

dieser Forderungsrechte (z.B. an der Börse) und als Konsequenz 3. die Ausbildung selbständiger<br />

Unternehmen zum Zweck der Schaffung von Forderungsrechten (Wertpapieren)<br />

(Sombart 1911: 60ff.).<br />

205 Das Nahrungsideal hat zum Gegenstand, dass jeder legitimerweise so viel erwirtschaften<br />

soll, wie er zur Deckung seiner standesgemäßen Bedürfnisse benötigt, d.h. Bedürfnisse sind<br />

zwar je nach Stand unterschiedlich ausgeprägt, immer aber auch klar begrenzt. Jedes Gewinnstreben,<br />

das darüber hinaus geht, ist unmoralisch.<br />

206 Sombart 1911: 124ff.

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