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Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen ...

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Es war <strong>und</strong> ist für mich nach wie vor – gel<strong>in</strong>de gesagt – unverständlich, dass sich der Spre-<br />

cher <strong>und</strong> An<strong>im</strong>ateur der Parkbühne nicht genötigt sah, wenigstens nachträglich deutlich zu<br />

sagen, dass man dieses Verhalten absolut nicht toleriere, <strong>und</strong> sich nicht bei den wenigen<br />

türkischen Mitbürgern für dieses Verhalten e<strong>in</strong>es leider nicht kle<strong>in</strong>en Teils der Fans ent-<br />

schuldigte. …<br />

Von der Polizei wurde 20 Rechtsradikale <strong>in</strong> Gewahrsam genommen, die be<strong>im</strong> Fanfest an der<br />

Gilde-Parkbühne wiederholt rassistische Parolen skandierten. H<strong>in</strong>zu kam, dass schon e<strong>in</strong>e<br />

St<strong>und</strong>e vor der Übertragung viele der meist auch jugendlichen Fans hochgradig alkoholisiert<br />

waren, bereits vor Spielbeg<strong>in</strong>n die ersten Alkohol’leichen’ abtransportiert werden mussten.<br />

Wie anders doch das Bild am Ste<strong>in</strong>tor, wo 6000 meist türkische Fans ohne Alkohol friedlich<br />

<strong>und</strong> leidenschaftlich feierten <strong>und</strong> nach dem Spiel mit deutschen Fans feierten. Wie sagte<br />

doch e<strong>in</strong> türkischer Fan nach dem für ihn enttäuschenden Spielausgang: ‚Ich muss jetzt erst<br />

e<strong>in</strong>e Nacht darüber schlafen <strong>und</strong> am Sonntag b<strong>in</strong> ich für <strong>Deutschland</strong>.’<br />

Das Problem der Integration s<strong>in</strong>d nicht die Türken, das s<strong>in</strong>d wir, zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> Teil unserer<br />

Mehrheitsgesellschaft! Was ich von Seiten der türkischen Migranten <strong>und</strong> Menschen mit<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dieser Tage gesehen habe, das ist gelebte Integration (z. B. kam mir<br />

e<strong>in</strong>e türkische Frau mit Kopftuch am Steuer ihres Autos sitzend entgegen <strong>und</strong> rechts war die<br />

türkische, l<strong>in</strong>ks die deutsch Flagge!). Bleibt nur noch erwähnen, dass <strong>in</strong> Dresden die Schei-<br />

ben von drei Döner-Läden zerstört <strong>und</strong> die Innene<strong>in</strong>richtungen demoliert sowie zwei Laden-<br />

<strong>in</strong>haber von vermummten jugendlichen ‚Fans’ verletzt wurden.<br />

Dennoch – dies mag als Hoffnungssch<strong>im</strong>mer gelten – Fakt ist, dass <strong>in</strong>sgesamt die vielen<br />

Feiern auf den Fanmeilen <strong>und</strong> Public-View<strong>in</strong>g-Bereichen sehr friedlich verlaufen s<strong>in</strong>d. Die<br />

Frage allerd<strong>in</strong>gs muss gestellt werden: Wäre dies auch der Fall gewesen, wenn die Türkei<br />

statt <strong>Deutschland</strong> gewonnen hätte?“ 255<br />

Ausschreitungen mit rechtsextremen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> bzw. rassistischen Parolen fernab des<br />

Spielgeschehens s<strong>in</strong>d bei Länderspielen der deutschen Mannschaft ke<strong>in</strong> neues Phänomen.<br />

Die rückläufige Tendenz solcher Vorkommnisse <strong>im</strong> Stadion selbst <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>er<br />

möglichen Verlagerung auf Public-View<strong>in</strong>g-Bereiche, die <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Alter, Geschlecht <strong>und</strong><br />

ethnische Zugehörigkeit e<strong>in</strong> breiter gefächertes Besucherspektrum anziehen als Fuß-<br />

ballstadien, ist jedoch genau zu beobachten. E<strong>in</strong> solches „Eventpublikum“ steht organisierten<br />

Aktionen rechtsextremer Gruppierungen zwar möglicherweise distanzierter gegenüber,<br />

gleichzeitig ist davon auszugehen, dass e<strong>in</strong>e größere Unwissenheit <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>e, wenn<br />

auch ungewollte, Toleranz h<strong>in</strong>sichtlich (fußball-)spezifischer rechtsextremer Codes vor-<br />

herrscht, als Beispiel seien hier nur Trikotnummern wie „88“ oder „28“ (für Blood & Honour)<br />

genannt. Gerade der subtile Transport best<strong>im</strong>mter Symbole <strong>und</strong> Botschaften <strong>in</strong> die „Mitte der<br />

Gesellschaft“ ist dort also unter Umständen sogar e<strong>in</strong>facher als <strong>im</strong> Stadion.<br />

255<br />

Beobachtungsprotokoll e<strong>in</strong>es Mitarbeiters des Fanprojektes Hannover am<br />

26.7.2008.

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