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Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen ...

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schen B<strong>und</strong>esländern sowie den Erfolgen rechtsextremer Parteien bei Landtags- <strong>und</strong> Kom-<br />

munalwahlen stellte das Forschungsteam um Wilhelm Heitmeyer fest, dass die Faktoren<br />

„soziale Des<strong>in</strong>tegration“ (u. a. ger<strong>in</strong>gerer Lebensstandard, Gefühl von Machtlosigkeit, soziale<br />

<strong>und</strong> emotionale B<strong>in</strong>dungslosigkeit, Angst vor Arbeitslosigkeit) <strong>und</strong> „Autoritarismus“ (Zust<strong>im</strong>-<br />

mung zu Law-and-Order-Haltungen) fremdenfe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Offenheit gegen-<br />

über rechtsextremer Propaganda begünstigen. Beide Faktoren s<strong>in</strong>d laut der Studie <strong>in</strong> Ost<br />

deutschland signifikant stärker vertreten als <strong>in</strong> den westdeutschen B<strong>und</strong>esländern. 260<br />

Betrachtet man nun die Verhältnisse <strong>im</strong> ostdeutschen Fußball, lassen sich auch hier ähnliche<br />

Aspekte – gewissermaßen <strong>im</strong> „Fankosmos“ – ausmachen. Wie bereits Behn <strong>und</strong> Schwenzer<br />

<strong>in</strong> ihrer Untersuchung von 2006 anmerken, ist die Ligenstruktur der ostdeutschen Vere<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>e andere: Aktuell (Saison 2008/2009) spielt mit Energie Cottbus e<strong>in</strong> „echter“ ostdeutscher<br />

Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong> der 1. B<strong>und</strong>esliga (wenn man von Hertha BSC Berl<strong>in</strong> absieht), e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> der 2. Liga<br />

(Hansa Rostock) <strong>und</strong> vier <strong>in</strong> der neuen 3. Liga (Erzgebirge Aue, Dynamo Dresden, Rot-Weiß<br />

Erfurt, FC Carl Zeiss Jena). Die ostdeutsche Fußballlandschaft besteht zu e<strong>in</strong>em nicht<br />

unerheblichen Teil aus Vere<strong>in</strong>en, die <strong>im</strong> Amateurbereich spielen, dabei jedoch e<strong>in</strong>e relativ<br />

große Fanszene anziehen. Die für rassistische <strong>und</strong> rechtsextreme Vorfälle „förderlichen“<br />

Umstände <strong>im</strong> Amateurbereich schlagen sich also hier vermutlich deutlicher nieder, während<br />

die ostdeutschen Vere<strong>in</strong>e gleichzeitig vom Rückgang dieser Phänomene <strong>im</strong> besser<br />

kontrollierten, besser ausgestatteten <strong>und</strong> mittlerweile auch problembewussteren Umfeld des<br />

Profifußballs weniger profitieren. 261<br />

Der Abstieg des ostdeutschen Fußballs hat viele unterschiedliche Ursachen (Abwanderung<br />

von Leistungsträgern, Misswirtschaft, Standortnachteile durch marode Stadien usw.), die hier<br />

nicht näher untersucht werden können. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Abstieg gerade<br />

von Klubs mit großer Tradition <strong>und</strong> vergangenen sportlichen Erfolgen für Fußballfans e<strong>in</strong>e<br />

anhaltende soziale Des<strong>in</strong>tegrationserfahrung darstellt. In der Wahrnehmung <strong>und</strong> Verarbeitung<br />

dieser Erfahrung entstehen verschiedene Argumentationsmuster (etwa: Ostvere<strong>in</strong>e als<br />

„Opfer“ westlicher Sponsoren/Spekulanten; ke<strong>in</strong>e Anerkennung des DDR-Fußballs <strong>im</strong><br />

Westen; verme<strong>in</strong>tlich uns<strong>in</strong>nige Lizenzauflagen <strong>und</strong> Sicherheitsvorschriften durch „die da<br />

oben“, sprich DFB/DFL, gefährden Existenz des Vere<strong>in</strong>s), die wiederum leichten Anschluss<br />

bieten für die Abwehrreaktionen von Vere<strong>in</strong>sfunktionären <strong>und</strong> Fans, wenn es zu rassistischen<br />

<strong>und</strong> rechtsextremen Vorfällen kommt (Medienhetze auf Ostvere<strong>in</strong>e, unfaire Statuierung von<br />

Exempeln durch <strong>Sport</strong>gerichtsbarkeit, Vorwurf der Netzbeschmutzung an Kritiker/<strong>in</strong>nen aus<br />

den eigenen Reihen). Michael Gabriel, Leiter der Koord<strong>in</strong>ationsstelle Fanpro<br />

260<br />

„Unsicherheiten <strong>und</strong> Orientierungslosigkeiten aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es gewaltigen <strong>und</strong> tiefgreifenden Umbruchs des gesellschaftlichen<br />

Systems stehen <strong>im</strong> Zusammenhang mit neuen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>fachen Orientierungen, die am plakativsten<br />

von rechtsextremer Seite offeriert werden.“ (Babka von Gostomski, Christian/Küpper, Beate/Heitmeyer, Wilhelm:<br />

Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong> den B<strong>und</strong>esländern. Die schwierige Lage <strong>in</strong> Ostdeutschland, <strong>in</strong>: Heitmeyer: Deutsche Zustände.<br />

Folge 5, S. 121.)<br />

261<br />

Vgl. dazu auch Behn/Schwenzer: Rassismus, Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong>, S. 368f.

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