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Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen ...

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wärtsspiel Ende März 2008 etwa ermittelte die Polizei gegen zwei Männer wegen antisemiti-<br />

scher Parolen <strong>und</strong> Zeigen des Hitler-Grußes. Nicht alle antisemitischen Vorfälle bei<br />

Makkabi-Spielen s<strong>in</strong>d strafrechtlich relevant <strong>und</strong> sicher nicht durchweg Ergebnis organisierter<br />

rechtsextremer Agitation, die Anfe<strong>in</strong>dungen gegen jüdische Vere<strong>in</strong>e <strong>in</strong>klusive der Stereotype<br />

von den „reichen Juden“, die sich Siege erkaufen, weisen jedoch auf die <strong>im</strong>mer noch – oder<br />

möglicherweise wieder – vorhandene schnelle Abrufbarkeit antisemitischer Vorurteile h<strong>in</strong>. Im<br />

Fall des TuS Makkabi sche<strong>in</strong>t es so zu se<strong>in</strong>, dass gerade der offensive Protest des Vere<strong>in</strong>s<br />

<strong>und</strong> die dadurch erzeugte mediale Aufmerksamkeit für zusätzliche Aggressionen sorgen <strong>und</strong><br />

der Vere<strong>in</strong> den Ruf des „Störenfrieds“ <strong>und</strong> „Netzbeschmutzers“ erhält. 213<br />

Was für die Situation jüdischer Vere<strong>in</strong>e gilt, trifft <strong>in</strong> mancher H<strong>in</strong>sicht auch auf die migranti-<br />

scher Klubs zu. Insbesondere die Erfahrungen des Berl<strong>in</strong>er Fußballvere<strong>in</strong>s Türkiyemspor<br />

weisen auf rassistische <strong>und</strong> rechtsextreme Vorfälle bei Spielen migrantischer Vere<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>. Im<br />

Unterschied zu allen bisher geschilderten Fällen, die sich ausschließlich auf Männerfußball<br />

bezogen, berichten übrigens auch Spieler<strong>in</strong>nen migrantischer Vere<strong>in</strong>e von solchen Anfe<strong>in</strong>dungen.<br />

214<br />

Ähnlich wie der TuS Makkabi betreibt auch der Kreuzberger Klub Türkiyemspor,<br />

der für se<strong>in</strong>e langjährige erfolgreiche Arbeit <strong>in</strong> Sachen Antidiskr<strong>im</strong><strong>in</strong>ierung <strong>und</strong> <strong>in</strong>terkulturelle<br />

Verständigung 2008 mit dem Integrationspreis des DFB ausgezeichnet wurde, e<strong>in</strong>e offensive<br />

öffentliche Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Thema Rassismus <strong>und</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>und</strong><br />

steht dadurch besonders stark <strong>im</strong> Blickpunkt, auch mit den bereits erwähnten negativen<br />

Folgen („Und alle reden wieder über die jammernden Türken“ 215<br />

).<br />

E<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong> für die vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit, die aktuellen Vorfällen bei<br />

Auswärtsspielen von Türkiyemspor Berl<strong>in</strong> zukommt, ist die Tatsache, dass der Vere<strong>in</strong> nach<br />

dem Aufstieg <strong>in</strong> der Saison 2008/2009 <strong>in</strong> der neuen Regionalliga Nord (4. Liga) <strong>und</strong> damit<br />

u. a. gegen den FC Chemnitz oder den Halleschen FC spielt. Am dritten Spieltag, be<strong>im</strong> FC<br />

Chemnitz Ende August 2008, kam es zu e<strong>in</strong>er gut organisierten rechtsextremen Agitation der<br />

He<strong>im</strong>fans gegen den Gast aus Berl<strong>in</strong>: Neben Rufen wie „Berl<strong>in</strong> bleibt deutsch“, „Ausländer<br />

raus“, „Wir kommen euch besuchen bald … <strong>im</strong> KZ von Buchenwald!" <strong>und</strong> „Juden Berl<strong>in</strong>“ trat<br />

e<strong>in</strong>e Gruppe von r<strong>und</strong> 50 Personen <strong>in</strong> eigens angefertigten T-Shirts mit Textzeilen aus e<strong>in</strong>em<br />

gegen Türkiyemspor gerichteten Lied der verbotenen Band „Landser“ auf, das von der<br />

Gruppe auch gesungen wurde. Ordner oder Polizei griffen nicht e<strong>in</strong>, der Stadionsprecher<br />

machte e<strong>in</strong>e Durchsage gegen die „Juden Berl<strong>in</strong>“-Rufe. Im ersten TV-Spielbericht des MDR<br />

wurden die Vorfälle nicht erwähnt. Zusätzliche Brisanz <strong>und</strong> Aufmerksamkeit erhielt die Partie<br />

bereits <strong>im</strong> Vorfeld, da sich der Berl<strong>in</strong>er Integrationsbeauftragte <strong>und</strong> Mitglieder des Lesben-<br />

213<br />

Vgl.: Blaschke: „Wir haben uns gefühlt wie Affen <strong>im</strong> Zoo“, S. 125.<br />

214<br />

So etwa auf der <strong>im</strong> Rahmen der FARE-Aktionswoche 2006 von der Projektgruppe „Flutlicht“ veranstalteten<br />

Diskussionsr<strong>und</strong>e „Kick it like Ayse! Migrant<strong>in</strong>nen <strong>im</strong> Fußball. Erfahrungen <strong>und</strong> Perspektiven“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Kreuzberg am<br />

8.11.2006.<br />

215<br />

Das sagt Türkiyemspor-Spieler Fatih Aslan <strong>im</strong> Gespräch mit Tuvia Schles<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> Ronny Blaschke über Reaktionen<br />

anderer Vere<strong>in</strong>e („Wir haben uns gefühlt wie Affen <strong>im</strong> Zoo“, S. 123).

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