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Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen ...

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die Gewaltaff<strong>in</strong>ität ohneh<strong>in</strong> deutlicher spürbar ist als <strong>in</strong> anderen gesellschaftlichen Bereichen,<br />

drückt sich dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gleichzeitigkeit von subtileren Ersche<strong>in</strong>ungsformen <strong>in</strong> Form von<br />

Symbolen <strong>und</strong> Codes (statt strafrechtlich relevanter Fahnen oder Abzeichen) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Radikalisierung von gewalttätigen Aktionen aus rechtsextremen Zusammenhängen aus.<br />

Zudem dienen körperliche Attacken gegen l<strong>in</strong>ke oder antirassistisch positionierende Gruppen<br />

auch dem Zweck der E<strong>in</strong>schüchterung.<br />

„Man darf e<strong>in</strong>fach nicht vergessen, dass antifaschistische Gegenwehr auch nicht un-<br />

gefährlich ist. Es gibt ja e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>, warum es <strong>in</strong> vielen Städten ke<strong>in</strong>e Gegenwehr<br />

gibt, obwohl da auch Leute <strong>im</strong> Stadion s<strong>in</strong>d, die das ankotzt, oder die sogar auch au-<br />

ßerhalb des Fußballs <strong>in</strong> entsprechenden Gruppen s<strong>in</strong>d, aber trotzdem <strong>im</strong> Stadion<br />

nichts sagen, e<strong>in</strong>fach aus Angst, dass sie aus dem Stadion geprügelt werden.“<br />

Weitere Aufschlüsse zum Thema Gewalt liefert e<strong>in</strong>e Fallstudie Alexander Leistners zu For-<br />

men fußballbezogener Zuschauergewalt am Beispiel verfe<strong>in</strong>deter Fanszenen <strong>in</strong> Leipzig. Dar<strong>in</strong><br />

verweist er etwa darauf, wie sich spieltagsbezogene Aggro-Inszenierungen auf den Rängen<br />

außerhalb konkreter Spieltage zunehmend entgrenzen <strong>und</strong> damit den <strong>Sport</strong>raum ganz <strong>im</strong><br />

S<strong>in</strong>ne der Permanenz des Fan-Dase<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>es Ultras übersteigen. 277<br />

Leistner spricht<br />

– angelehnt an e<strong>in</strong>e Fanaussage – von e<strong>in</strong>er „Parallelliga der Ultras“: „Also, das ist so, dass<br />

sich ‟ne parallele Liga entwickelt hat, dass du auf der e<strong>in</strong>en Seite de<strong>in</strong>e Liga <strong>im</strong> sportlichen<br />

Bereich hast <strong>und</strong> dann halt noch ‟ne Liga hast so <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Umfeld.“ Dabei entsteht e<strong>in</strong> Leistungsvergleich<br />

zwischen rivalisierenden Ultragruppierungen, der sich an Spieltagen zum<br />

e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Selbst<strong>in</strong>szenierungswettkämpfen um die kreativste, provokanteste Choreografie, um<br />

den besten Gesang, zum anderen <strong>in</strong> <strong>in</strong>szenierter <strong>und</strong> ritualisierter Gewalt (Werfen von Gegenständen,<br />

Abfeuern von Bengalos, Platzsturm) zeigt, <strong>und</strong> spieltagsunabhängig <strong>in</strong> Form von<br />

entgrenzter, brutalisierter Gewalt, wie z. B. gangtypischer Gruppengewalt, verabredeter<br />

Drittort-Ause<strong>in</strong>andersetzungen, Überfällen auf Züge <strong>und</strong> private Feiern.<br />

Spieltagsbezogene, ritualisierte Gewaltformen s<strong>in</strong>d für die sehr jungen „kalkuliert-<br />

erlebnisorientierten“ Fans vor allem deshalb attraktiv <strong>und</strong> erweisen sich als „sanfter“ E<strong>in</strong>stieg<br />

<strong>in</strong> die fußballspezifische Gewalt-Eventkultur, weil das Geschehen durch die Anwesenheit von<br />

Ordnern, Begleitung <strong>und</strong> Trennung der Fans durch die Polizei kalkulierbar bleibt. In deren<br />

Schutz können gegnerische Fans „gefahrlos“ provoziert werden. Zum Abstecken von<br />

Machtbereichen werden an Spieltagen typische Revierkampflagen gesucht <strong>und</strong> provoziert,<br />

etwa wenn sich die Ultras der He<strong>im</strong>mannschaft nach dem Spiel zielgerichtet über den Park-<br />

Neonazis <strong>in</strong> Nadelstreifen. Die NPD auf dem Weg <strong>in</strong> die Mitte der Gesellschaft, Berl<strong>in</strong> 2008; Klärner, Andreas:<br />

Zwischen Militanz <strong>und</strong> Bürgerlichkeit. Selbstverständnis <strong>und</strong> Praxis der extremen Rechten, Hamburg 2008.<br />

276<br />

G5 (Fan<strong>in</strong>itiative). Diese Dynamik lässt sich auch am Beispiel der Fanszene von Werder Bremen beobachten.<br />

Mehr dazu <strong>im</strong> Abschnitt „Das Beispiel Bremen“.<br />

277<br />

Leistner, Alexander: Zwischen Entgrenzung <strong>und</strong> Inszenierung – E<strong>in</strong>e Fallstudie zu Formen fußballbezogener<br />

Zuschauergewalt, <strong>in</strong>: <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gesellschaft 5/2008, S. 119.<br />

278<br />

Ebd., S. 129.<br />

278<br />

276

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