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Rechtsextremismus im Sport in Deutschland und im internationalen ...

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echtsextreme Banner also e<strong>in</strong>e klare Gegen<strong>in</strong>szenierung. Das Fußballmagaz<strong>in</strong> „11 Fre<strong>und</strong>e“<br />

berichtete damals, anders als andere Medien, über den Vorfall: „Erst nach 20 M<strong>in</strong>uten<br />

wurden Banner <strong>und</strong> Bannerträger aus dem Stadion entfernt. E<strong>in</strong>e Reaktion auf das Banner<br />

gab es weder von Seiten der Zuschauer, noch von anwesenden Politikern <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>funktio<br />

nären.“ 191<br />

Neben Antisemitismus ist auch Rassismus Teil e<strong>in</strong>es rechtsextremen Weltbildes, können also<br />

rassistische Vorfälle auf das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es rechtsextremen Potenzials <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Fanszene h<strong>in</strong>deuten. Allerd<strong>in</strong>gs ist es auch hier wichtig, zwischen rassistischen E<strong>in</strong>stellungen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em rechtsextremen Weltbild zu unterscheiden, <strong>und</strong> umgekehrt <strong>im</strong> Auge zu behalten,<br />

dass diese Haltungen sich <strong>im</strong> Fußballkontext <strong>in</strong> entsprechenden Verhaltensweisen äußern<br />

können, aber nicht unbed<strong>in</strong>gt müssen.<br />

Während der Viertelligapartie Hallescher FC gegen FC Sachsen Leipzig <strong>im</strong> März 2006 wurde<br />

der Leipziger Spieler Adebowale Ogungbure – wie bereits <strong>in</strong> anderen Spielen <strong>in</strong> den ver-<br />

gangenen Wochen – durch Urwaldlaute rassistisch verungl<strong>im</strong>pft. Als dem Halleschen FC <strong>in</strong><br />

der Nachspielzeit der 2:2-Ausgleich gelang, stürmten Leipziger <strong>und</strong> dann auch Hallenser<br />

Fans das Spielfeld. Adebowale Ogungbure wurde auf dem Weg <strong>in</strong> die Kab<strong>in</strong>e erneut be-<br />

sch<strong>im</strong>pft (als „B<strong>im</strong>bo“ <strong>und</strong> „Drecksnigger“). Er reagierte, <strong>in</strong>dem er zwei F<strong>in</strong>ger über die Ober-<br />

lippe legte <strong>und</strong> den Hitler-Gruß zeigte. Hallenser Fans bespuckten <strong>und</strong> schlugen ihn. Gegen<br />

Ogungbure wurde e<strong>in</strong> Ermittlungsverfahren e<strong>in</strong>geleitet, allerd<strong>in</strong>gs auch schon bald wieder<br />

e<strong>in</strong>gestellt. Es war weder das erste noch das letzte Mal, dass Anhänger des Halleschen FC<br />

durch rassistische oder antisemitische Parolen auffielen, <strong>in</strong>sofern kann hier nicht von e<strong>in</strong>em<br />

„E<strong>in</strong>zelfall“ ausgegangen werden, <strong>in</strong> der Fanszene des Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Sachsen-Anhalt sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong><br />

rechtsextremes Potenzial vorhanden zu se<strong>in</strong>.<br />

Der Fall fand wegen des von Ogungbure gezeigten Hitler-Grußes <strong>und</strong> der kurz bevorstehen-<br />

den WM e<strong>in</strong>e starke Resonanz <strong>in</strong> den Medien <strong>und</strong> bei den betroffenen Vere<strong>in</strong>en. In Leipzig<br />

startete e<strong>in</strong>e Solidaritätsaktion des Vere<strong>in</strong>s, bei der sich die anderen Mannschaftskameraden<br />

von Ogungbure für e<strong>in</strong> Plakat das Gesicht schwarz anmalten, um so ihre Unterstützung zu<br />

zeigen. Gleichzeitig wurde die Fan<strong>in</strong>itiative „Wir s<strong>in</strong>d Ade“ gegründet, die e<strong>in</strong>e Solidaritäts-Website<br />

e<strong>in</strong>richtete. 192<br />

Während dieser E<strong>in</strong>satz gegen Rassismus b<strong>und</strong>esweit auf viel<br />

positive Resonanz auch bei Fans anderer Vere<strong>in</strong>e stieß, gab es be<strong>im</strong> Spiel des FC Sachsen<br />

gegen Energie Cottbus II <strong>in</strong>szenierte Gegenaktionen: Etwa 80 Cottbuser Fans zogen <strong>in</strong> wei<br />

191<br />

Kiran, Ayla: Rechtsextreme stören Stadioneröffnung. Und niemand guckt h<strong>in</strong>, 11 Fre<strong>und</strong>e vom 17.12.2006,<br />

www.11fre<strong>und</strong>e.de/ballkultur/19278, 5.1.2009 <strong>und</strong> <strong>in</strong>: 11 Fre<strong>und</strong>e Nr. 63, 2/2007.<br />

192<br />

Bis Januar 2009 trugen sich r<strong>und</strong> 2.200 Personen auf www.wir-s<strong>in</strong>d-ade.de e<strong>in</strong>, um „ihr Gesicht“ gegen Rassismus<br />

zu zeigen (G22 (Fan<strong>in</strong>itiative)). „Wir s<strong>in</strong>d Ade“ benannte sich <strong>im</strong> September 2007 <strong>in</strong> „Bunte Kurve“ um, zum e<strong>in</strong>en,<br />

weil Adebowale Ogungbure nicht mehr be<strong>im</strong> FC Sachsen Leipzig spielte, zum anderen, um e<strong>in</strong> breiteres<br />

Aktionsspektrum bereits <strong>im</strong> Namen zu signalisieren. Im Herbst 2008 wurde die „Bunte Kurve“ für ihr Engagement mit<br />

dem Julius-Hirsch-Preis des DFB ausgezeichnet, den der DFB seit 2005 verleiht <strong>und</strong> der nach dem jüdischen<br />

Nationalspieler Julius Hirsch benannt ist, der <strong>in</strong> Auschwitz ermordet wurde.

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