Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Von der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.e.S zur <strong>subjektive</strong>n Zurechung i.w.S. 77<br />
Wahrnehmungen des Beurteilenden festgestellt werden. 396 Als reine Interna (und<br />
zwar nur als solche) sind sie prinzipiell dem forensischen Beweis nicht zugänglich.<br />
397 Denn schon die Messung aktueller Hirnaktivitäten lassen Zweifel hinsichtlich<br />
ihrer Eignung zum Nachweis der aktuellen Psyche der untersuchten Person<br />
bestehen. Die Rekonstruktion vergangener psychischer Zustände des Handelnden,<br />
und zwar wegen des Koinzidenzprinzips 398 jener genau zum Tatzeitpunkt,<br />
scheint hingegen völlig unmöglich.<br />
Während die objektive Zurechnung eine normative Bewertung des äußeren<br />
Geschehens vornimmt, liegt es an der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.e.S., eine normative<br />
Bewertung der „inneren Tatseite“ vorzunehmen, also einer Bewertung von<br />
Tatsachen, die nicht unmittelbar greifbar sind. Um zunächst den Bewertungsgegenstand,<br />
also die Interna des Handelnden, zu ermitteln, müssen (äußerlich wahrnehmbare)<br />
Kriterien herangezogen werden, die diese Interna indizieren. Zwar<br />
nimmt sodann die <strong>subjektive</strong> Zurechnung i.e.S. eine allein normative Beurteilung<br />
dieser Interna vor. Allerdings unterliegen bereits die Aufstellung und die Ausfüllung<br />
der Kriterien, die zum Schluss auf diese Interna geführt haben, zwangsläufig<br />
normativen Einflüssen. Denn der strafrechtliche Vorwurf geht stets vom Normativen<br />
aus. So ist für die strafrechtliche Beurteilung nicht allein die bloße naturwissenschaftlich-psychologische<br />
Eignung äußerlich wahrnehmbarer Kriterien für eine<br />
Indizierung der Kognition des Handelnden maßgeblich. Vielmehr ist bereits die<br />
Auswahl, welche dieser Kriterien für einen Rückschluss auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit<br />
zu fordern sind, normativ. Ferner kann auch die Beurteilung, ob im konkreten<br />
Einzelfall diese Kriterien hinreichend erfüllt sind, nicht rein naturwissenschaftlich-psychologisch<br />
erfolgen, sondern muss zumindest in ihrer Gewichtung<br />
auch normativ vorgenommen werden. Dabei liegt der Gedanke nahe, dass die<br />
dafür verwendeten normativen Kriterien mit denen der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />
i.e.S. jedenfalls teilweise identisch sein müssen, da es auf beiden Ebenen um die<br />
Beurteilung geht, ob ein Handelnder hinreichende Vorstellungen hat, damit ihm<br />
<strong>subjektive</strong>s Unrecht vorgeworfen werden kann. Somit sind einerseits das Verfahren<br />
zur Ermittlung von Vorsatz und Fahrlässigkeit sowie andererseits die <strong>subjektive</strong><br />
Zurechnung i.e.S. nicht nur jeweils normativ geprägt, sondern bedienen sich<br />
teils sogar derselben normativen Kriterien. Daher ist es schwer, zwischen diesen<br />
beiden Kategorien zu unterscheiden. Andererseits aber die herangezogenen normativen<br />
Kriterien gänzlich im Rahmen des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit zu<br />
396 S. auch Hassemer, Armin Kaufmann-Gedächtnisschr., 289, 301 und 303 ff. Für den Vorsatz und<br />
die Fahrlässigkeit vgl. auch Perron, Nishihara-Festschr., 145, 154 f.<br />
397 Vgl. Puppe, Vorsatz und Zurechnung, S. 50 und 72, die auf dieses grundsätzliche Problem im<br />
Zusammenhang mit den begrifflichen Kernbereichen des Vorsatzunrechts und des Fahrlässigkeitsunrechts<br />
wie auch den Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit<br />
aufmerksam macht.<br />
398 Zum Koinzidenzprinzip (auch „Simultaneitätsprinzip“, „Symmetrie von objektivem und <strong>subjektive</strong>m<br />
<strong>Tatbestand</strong>“ oder „Synchrones Verhältnis zwischen Vorsatz und dem objektiv für den<br />
eingetretenen Erfolg kausalen Handeln“ genannt) s. Kühl, AT, § 5, Rn. 20 ff. m.w.N.