Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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172 Spezifisch <strong>markenstrafrechtliche</strong> vorsatzausschließende Fehlvorstellungen<br />
schen) Begriffs der jeweiligen Wertung. 807 Ein Irrtum darüber ist als unbeachtlicher<br />
Subsumtionsirrtum zu qualifizieren. Es geht vielmehr nur um die Kenntnis<br />
des (auch laienhaft verständlichen) 808 Inhalts dieser Wertung, also um die Kenntnis<br />
der von der unrechtstypisierenden <strong>Tatbestand</strong>sbeschreibung gemeinten Situation<br />
in ihrer sozialen Bedeutung 809. Dazu reicht allerdings allein die Kenntnis der<br />
dieser zugrunde liegenden deskriptiven Tatsachen nicht. <strong>Der</strong> Täter muss sich<br />
darüber hinaus zu einem gewissen Grade auch über den Schluss von den Tatsachen<br />
zur allgemeinen Wertung selbst bewusst werden. 810 Nur dieser Umstand<br />
macht deutlich, was unter der allseits erwähnten Bedeutungskenntnis zu verstehen<br />
ist.<br />
Welche Wertungen sodann den jeweiligen normativen Tatumständen im Einzelnen<br />
zugrunde liegen, kann nur durch Auslegung des diese verwendenden Straftatbestands<br />
erarbeitet werden. 811 Diese wiederum richtet sich insbesondere nach<br />
dem Telos des betreffenden Straftatbestands, also im Wesentlichen nach dessen<br />
Schutzzweck. Die rechtsgutsbezogenen Komponenten des sozialen Bedeutungsgehalts<br />
von <strong>Tatbestand</strong>smerkmalen stehen somit immerhin im Kern der erforderlichen<br />
wertungsbezogenen Vorsatzgegenstände. 812 Eines dieser notwendigen Auslegung<br />
vorangehenden unfruchtbaren Umweges über eine Kategorisierung des<br />
betreffenden Straftatbestandes bedarf es hingegen nicht. Ansatzweise wird dabei<br />
bereits allgemein klar, dass damit im Wesentlichen – soweit sie im Normtext ihren<br />
Niederschlag gefunden haben (Art. 103 Abs. 2 GG!) – schutzzweckorientierte<br />
Wertungen der betreffenden Strafnorm – im auch dem Laien verständlichen Umfang<br />
– zum <strong>Tatbestand</strong> i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zugeschlagen werden und<br />
somit zum Vorsatzgegenstand werden.<br />
Im Markenstrafrecht wird es demnach nicht nur darauf ankommen, die normativen<br />
Tatumstände des § 143 MarkenG selbst herauszuarbeiten, sondern auch<br />
mit den diesen zugrunde liegenden Wertungen deren Wesenskern. Für die vorsätzliche<br />
Verwirklichung des § 143 MarkenG muss der Täter sodann den sozialen<br />
Bedeutungsinhalt dieser Wertungen zum Tatzeitpunkt kennen.<br />
807 Vgl. KK OWiG-Rengier, § 11, Rn. 3; Puppe, GA 1990, 145, 182; Schönke/Schröder/Sternberg-<br />
Lieben, § 15, Rn. 39.<br />
808 Nur insoweit ist der Formulierung „Parallelwertung in der Laiensphäre des Täters “ zuzustimmen.<br />
809 Nierwetberg, Jura 1985, 238, 239 f.<br />
810 Vgl. BGHSt 4, 347, 352; KK OWiG-Rengier, § 11, Rn. 15; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben,<br />
§ 15, Rn. 20 und 43 ff.<br />
811 Vgl. auch Nierwetberg, Jura 1985, 238, 240 f.<br />
812 Schlüchter, Irrtum über normative <strong>Tatbestand</strong>smerkmale, S. 116 und 142 reduziert hingegen die<br />
strafrechtlichen Anforderungen an die Kenntnisse des Täters über Wertungen schlichtweg auf<br />
diese rechtsgutsbezogenen Komponenten des sozialen Bedeutungsgehalts von <strong>Tatbestand</strong>smerkmalen.<br />
Sie schneidet damit insofern etwaige Ergebnisse aus der Auslegung des jeweiligen<br />
Straftatbestandes von vornherein ab, welche im Einzelfall mittels einer Auslegungsmethode jenseits<br />
der teleologischen Auslegung erarbeitet werden könnten.