Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Verhältnis des Vorsatzes zur Fahrlässigkeit im Allgemeinen 121<br />
<strong>Tatbestand</strong> geschützte Rechtsgut konstruiert und verlangt wird. 589 Nur soweit der<br />
unbewusst fahrlässig Handelnde seine Kenntnisverschaffungspflicht verletzt, kann<br />
sodann subjektiv zugerechnet werden. Es ist allerdings nicht möglich, eine solche<br />
Kenntnisverschaffungspflicht des Handelnden völlig aus der Luft zu greifen. Zu<br />
ihrer Begründung muss der Handelnde in der betreffenden Situation zumindest<br />
gewisse Anhaltspunkte kennen, aus welchen sich eine konkrete Gefahr für das<br />
geschützte Rechtsgut ergibt. 590 Mittels dieser – einen Teil der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />
i.e.S. für das fahrlässige Erfolgsdelikt ausmachenden – normativen Korrektur<br />
werden also auf der kognitiven Seite der unbewussten Fahrlässigkeit immerhin<br />
geringfügige mittelbare Anforderungen an die tatsächliche Psyche des Handelnden<br />
gestellt. Diese Anforderungen auf der kognitiven Seite machen zwar Fahrlässigkeitsmerkmale<br />
auf der Ebene des <strong>subjektive</strong>n <strong>Tatbestand</strong>es aus. Sie weisen allerdings<br />
gegenüber den Anforderungen an die Vorsatzpsyche keinen qualitativ eigenständigen<br />
Gehalt auf.<br />
Auf der voluntativen Seite hingegen darf der Fahrlässigkeitstäter im Gegensatz<br />
zum Vorsatz keinen „rechtsfeindlichen Willen“ haben. 591 Er darf sich also jedenfalls<br />
nicht gegen das durch den jeweiligen <strong>Tatbestand</strong> geschützte Rechtsgut stellen.<br />
592 Um ihn vom Vorsatztäter abgrenzen zu können, reicht aber nicht etwa eine<br />
bloße Negation der spezifischen Merkmale des Vorsatzes aus 593. <strong>Der</strong> Fahrlässigkeitstäter<br />
muss vielmehr in positiver Weise auf das Ausbleiben des tatbestandlichen<br />
Erfolgs ernsthaft vertrauen 594, sei es bewusst oder erst recht, weil er die rele-<br />
589 Siehe oben bei der Erörterung der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.e.S. für das fahrlässige Erfolgsdelikt<br />
(Hpttl., 3. Tl., 1. Abschn., B., III.) sowie bei der Stellungnahme zum komplexen Fahrlässigkeitsbegriff<br />
(Hpttl., 3. Tl., 2. Abschn., C., II., 2., b)); jeweils m.w.N.<br />
590 <strong>Der</strong> Sache nach gleicht dieser Aspekt Duttges zentralem Fahrlässigkeitskriterium eines konkreten<br />
Veranlassungsmoments (in Form eines triftigen Anlasses) zur Pflicht, Rechtsgutsbeeinträchtigungen<br />
zu vermeiden. Das Veranlassungsmoment fungiert dabei als normative Begrenzung der<br />
individuellen Erkennbarkeit bzw. Voraussehbarkeit. Siehe Duttge, Fahrlässigkeit, S. 279 ff., 373<br />
ff. et passim; MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 120 ff.<br />
591 Vgl. MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 87 f. und 101.<br />
592 Jedenfalls insoweit ist also das Erfordernis eines expliziten oder impliziten voluntativen Elementes<br />
für den Vorsatz konstituierend und im Wesentlichen für die Abgrenzung zur Fahrlässigkeit<br />
notwendig.<br />
593 Insoweit ist NK-StGB-Puppe, § 15, Rn. 5 zuzustimmen, dass eine bloße Negation des Vorsatzes<br />
als Begriffselement der Fahrlässigkeit keine Funktion hätte, da die Negation eines Unrechtselementes<br />
selbst kein Unrechtselement sein kann. Nur ist freilich ihre Schlussfolgerung falsch, dass<br />
ein Streichen einer solchen Negation aus dem Begriff der Fahrlässigkeit zu einem Plus-Minus-<br />
Verhältnis zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit führe, dass der Vorsatz sich also als Spezialfall<br />
der Fahrlässigkeit erweise, da damit noch nicht alle denkbaren eigenständigen Fahrlässigkeitselemente<br />
auf der <strong>subjektive</strong>n Tatseite eliminiert sind. Damit kann in diesem Zusammenhang<br />
auch einstweilig offen bleiben, ob nach allgemeinem Sprachgebrauch Fahrlässigkeit das Fehlen<br />
des Vorsatzes voraussetzt; so Roxin, AT I, § 24, Rn. 80.<br />
594 Vgl. Jescheck/Weigend, AT, § 54 I 2; MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 101. Vgl. auch Schlüchter,<br />
Irrtum über normative <strong>Tatbestand</strong>smerkmale, S. 37, die für die Bestimmung des bedingten Vorsatzes<br />
ein Nichtvertrauen auf den Nichteintritt des Erfolges voraussetzt. Demgegenüber hält<br />
Puppe, Vorsatz und Zurechnung, S. 72 ein solches Vertrauen für die Abgrenzung zwischen Vor-