Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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158 Abgrenzung des bedingten Vorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit im Markenstrafrecht<br />
2. Eventualvorsatz beim Transporteur<br />
Beim objektiv markenrechtsverletzenden Transporteur steigt gegenüber dem markenrechtsverletzenden<br />
Hersteller die Wahrscheinlichkeit für ein Fehlen eines Vorsatzes.<br />
Während nämlich der Hersteller zwingend in direktem physischen Kontakt<br />
mit den betreffenden Produkten steht, muss dies beim Transporteur nicht der Fall<br />
sein. Vielmehr können Transportvehikel wie Verpackungen bis hin zu Containern<br />
eine bisweilen große Distanz zu den markenrechtsverletzenden Produkten selbst<br />
herstellen. Da Markenpiraterieorganisationen bisweilen logistische Tätigkeiten auf<br />
Dritte auslagern 733, muss diesen ihr objektiv markenrechtsverletzendes Verhalten<br />
nicht unbedingt bewusst sein. Für einen Rückschluss auf einen Eventualvorsatz<br />
des Transporteurs wird auch hier das entwickelte Indikatorensystem für die <strong>subjektive</strong><br />
Zurechnung im Markenstrafrecht herangezogen. Über die bereits für den<br />
Hersteller relevanten Indikatoren hinaus stehen dafür – wie oben entwickelt –<br />
weitere Indikatoren zur Verfügung. Dies sind ein überhöhtes Frachtentgelt, eine<br />
große Menge an Piraterieware (nicht per se, sondern nur, wenn die transportierte<br />
Menge in der betreffenden Branche und insbesondere bei den betreffenden Markenprodukten<br />
weitaus unüblich ist), ein etwaiger Fall umstrittener Parallelimporte<br />
von außerhalb der EU, objektive Anhaltspunkte für Zweifel an der Seriosität des<br />
Auftraggebers (z.B. dessen unprofessionell wirkende betriebliche Prozesse) und<br />
nicht zuletzt auch – jeweils in Abhängigkeit von der Erfahrenheit des Täters im<br />
betreffenden Markt- und Branchenumfeld und dessen Intelligenz – zum einen ein<br />
gegenwärtiges Bewusstsein der Ausdehnung der Markenpiraterie in der betreffenden<br />
Branche sowie zum anderen – sofern überhaupt entsprechender Zugang des<br />
Transporteurs besteht – äußere Anzeichen für Markenpiraterie an der Verpackung<br />
oder an der Ware selbst. 734 Da auf der einen Seite keines dieser äußeren Anzeichen<br />
zwingend ist für einen Eventualvorsatz des Transporteurs, kann das Aufstellen<br />
von Mindestanforderungen an den Erfüllungsgrad der jeweiligen einzelnen Indikatoren<br />
entfallen. Auf der anderen Seite wirkt jedoch eine alleinige sehr starke<br />
Ausprägung des Indikators einer Kommunikation des markenrechtsverletzenden<br />
Transporteurs mit dem Markenrechtsinhaber über dessen aus beider Sicht unstrittig<br />
entgegenstehendes Recht in gleicher Weise wie beim Hersteller. In einem solchen<br />
Fall fehlt also ein Eventualvorsatz mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht.<br />
Abgesehen davon kann auf sich gestellt nur eine sehr starke Ausprägung des Indikators<br />
äußerer Anzeichen für Markenpiraterie an der Verpackung oder an der<br />
Ware selbst einen hinreichenden Aufschluss über einen Eventualvorsatz geben. So<br />
können keine Zweifel bestehen, dass zumindest ein Eventualvorsatz vorliegt,<br />
wenn sich an der Verpackung oder an der Ware selbst eindeutige äußere Anzeichen<br />
für Markenpiraterie zeigen und ein intellektuell nicht benachteiligter Transporteur,<br />
der zudem über eine große Erfahrung im betreffenden Markt- und Bran-<br />
733 Vgl. dazu auch oben bei den kriminologischen Aspekten der Markendelikte (Hpttl., 2. Tl.,<br />
3. Abschn., A.).<br />
734 Vgl. oben (Hpttl., 6. Tl., 3. Abschn., B., I., 2., a)).