Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Übertragung des Meinungsstandes auf das Markenstrafrecht 135<br />
gründungen teilweise schlicht nicht brauchbar und darüber hinaus nicht einheitlich.<br />
Wenn z.B. für – insofern wohl als objektiv schwerwiegend qualifizierte – Markenpirateriefälle<br />
ein Eventualvorsatz als nahe liegend angenommen wird 652, während<br />
jenseits derer ein solcher nur selten verwirklicht sein soll 653, stellt dies gar<br />
keine Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit dar,<br />
sondern die nötige Erörterung der sachlichen Aspekte verschiebt sich nur auf den<br />
Begriff der Markenpiraterie. Dieser Begriff taucht zudem bezeichnenderweise im<br />
Markengesetz überhaupt nicht auf, ist ferner konkretisierungsbedürftig und lässt<br />
viel Raum für definitorischen Streit 654. Dazu ist weiterhin anzumerken, dass eine<br />
Argumentation, die für Markenpirateriefälle einen Vorsatz nahe legt, zirkulär ist,<br />
wenn der Begriff der Markenpiraterie selbst – wie üblich 655 – die vorsätzliche<br />
Markenverletzung als ein Merkmal beinhaltet. Dies erklärt auch den – freilich<br />
wegen des Zirkelschlusses fehlerhaften – Schluss, der <strong>subjektive</strong> <strong>Tatbestand</strong> des<br />
§ 143 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG stelle sich als dogmatisch weitaus weniger kompliziert<br />
dar, als dies auf den ersten Blick zunächst erscheine 656. Außerdem wird angesichts<br />
der – mutmaßlich wegen der Unsicherheit des Begriffs der Markenpiraterie<br />
getroffenen – Wortwahl „nahe liegend“ und „nur selten“ mit der Bejahung eines<br />
Markenpirateriefalls auch kein zwingender Schluss auf das Vorliegen eines Eventualvorsatzes<br />
zugelassen; vielmehr bleibt diese angestrebte Rückkopplung genauso<br />
wie der Markenpirateriebegriff selbst vage. Demnach wird mit einem derartigeren<br />
Abgrenzungsversuch nicht nur gegen die Regeln der klassischen formalen Logik<br />
verstoßen; der enthaltene Zirkelschluss verletzt nämlich den Satz vom zureichenden<br />
Grund. Sondern aus dem Abgrenzungsversuch erwächst auch – mangels fundierter<br />
Begründung – kein Erkenntnisgewinn. Er lenkt vielmehr von den eigentlichen<br />
Sachfragen einer <strong>markenstrafrechtliche</strong>n Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz<br />
und bewusster Fahrlässigkeit ab und reflektiert diese in keiner Weise.<br />
Teilweise wird auch schlicht die gängige allgemeine Abgrenzungsformel der<br />
höchstrichterlichen Rechtsprechung 657 mit nur einem Satz in das Markenstrafrecht<br />
übersetzt und dabei lediglich begrifflich an dieses angepasst. Dagegen wird in der<br />
Sache auf markenstrafrechtsspezifische Problemstellungen nicht eingegangen und<br />
damit auch nicht die Frage nach einer etwa erforderlichen diesbezüglichen Modi-<br />
652 Schiwek, Markenpiraterie, S. 70 f. und 99. So in etwa auch Holler, in: Harte-Bavendamm, Markenpiraterie,<br />
§ 5, Rn. 152 für gewerbliche Abnehmer von Markenpirateriewaren, soweit diese zudem<br />
die Sorgfaltspflichten aus BGH GRUR 1987, 520, 522 – „Chanel N° 5 (I)“ nicht beachten.<br />
Demgegenüber liegt für Schulz, Markenstrafrecht, S. 48 ein Vorsatz in den meisten Markenpirateriefällen<br />
erst dann sehr nahe, wenn es um große Mengen an Piraterieware geht.<br />
653 Schweyer, in: v. Schultz, Markenrecht, § 14 MarkenG, Rn. 257.<br />
654 Zum Begriff der Markenpiraterie vgl. o. (Hpttl., 1. Tl., 2. Abschn., C.) (m.w.N.).<br />
655 Vgl. o. bei der Begriffserörterung (Hpttl., 1. Tl., 2. Abschn., C.).<br />
656 Schiwek, Markenpiraterie, S. 101.<br />
657 Vgl. BGHSt 36, 1, 9 f. Zur Einwilligungs- oder Billigungstheorie vgl. auch oben (Hpttl., 6. Tl., 2.<br />
Abschn., B.).