Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Abgrenzung zwischen Tatumstandsirrtum und Verbotsirrtum 173<br />
III. Abgrenzung von Blankettgesetz und normativem Straftatbestandsmerkmal<br />
Im Zusammenhang mit Irrtümern hinsichtlich einerseits Blankettgesetzen und<br />
andererseits normativen Straftatbestandsmerkmalen wird vielerorts eine Abgrenzung<br />
zwischen diesen beiden Kategorien angestrebt. 813 Fraglich ist aber, ob eine<br />
solche Abgrenzung für die Irrtumslehre überhaupt relevant ist, ob sie durchführbar<br />
814 und darüber hinaus – abgehoben von speziellen einzelnen Problemkonstellationen<br />
– nützlich ist. 815<br />
Die Abgrenzung kann jedenfalls mit Blick auf die allgemein gezogenen, grundsätzlich<br />
unterschiedlichen Konsequenzen in der Handhabung von Irrtümern in<br />
den beiden Kategorien irrtumtheoretisch als relevant angenommen werden. Während<br />
ein Irrtum hinsichtlich einer – durch das Mithineinlesen der Ausfüllungsnorm<br />
vervollständigten – Blankettstrafnorm grundsätzlich nach allgemeinen Regeln<br />
gehandhabt wird, führt bei normativen Tatumständen zusätzlich ein Irrtum<br />
über die – diesen zugrunde liegenden – Wertungen ebenfalls zum Vorsatzausschluss<br />
gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB.<br />
Die Erörterungen der beiden Kategorien haben aber gezeigt, dass bei der Behandlung<br />
von Irrtümern in beiden Kategorien systematische Ausnahmen für erforderlich<br />
gehalten werden, es also zu weitergehenden kategorieinternen Abgrenzungsproblemen<br />
kommt. Es können daher in keinem Fall allein aufgrund der<br />
Klassifizierung in eine der beiden Kategorien sichere Aussagen über die rechtlichen<br />
Konsequenzen von Irrtümern getroffen werden. 816 Dies könnte nun lediglich<br />
ein kategorisch-begriffliches Problem darstellen, welches auf etwas tieferem<br />
Abstraktionsniveau einer Lösung zugeführt werden kann, oder die Abgrenzung<br />
könnte dadurch insgesamt undurchführbar oder völlig irrelevant werden.<br />
Im Rahmen jedweder Irrtumsproblematik ist – wie bereits ausgeführt – im<br />
sachlichen Kern einzig bedeutsam, ob der irrtumsbehaftete Umstand zum Straftatbestand<br />
i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB gehört. Für die Beantwortung dieser Frage<br />
kann allerdings eine kategorisch-begriffliche Abgrenzung von Blankettgesetz und<br />
normativem Straftatbestandsmerkmal allenfalls hilfsweise von Bedeutung sein.<br />
<strong>Der</strong> vermeintliche Gegensatz zwischen Blankettgesetzen und normativen<br />
Straftatbestandsmerkmalen löst sich aber ohnehin auf. Ob ein Straftatbestand<br />
nämlich als Blankettnorm klassifiziert wird, hat sich für die Irrtumslehre als unerheblich<br />
herausgestellt. 817 Eine völlig andere und insbesondere davon unabhängige<br />
Frage ist es demgegenüber, ob sich in der durch die blankettausfüllende Norm<br />
vervollständigten Strafnorm normative Elemente befinden. Mit diesen kann nämlich<br />
schlicht genauso umgegangen werden wie in einer einfachen Norm, welcher<br />
813 Statt vieler vgl. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 103 m.w.N.<br />
814 Dies wird z.B. prinzipiell von Tiedemann, <strong>Tatbestand</strong>sfunktionen, S. 316, 332, 387 ff. bezweifelt.<br />
815 Für eine (eingehende) Kritik an der Bedeutsamkeit einer solchen Abgrenzung siehe Kuhlen, Irrtum,<br />
S. 47 f.<br />
816 Vgl. dazu auch Kuhlen, Irrtum, S. 48 f.<br />
817 Vgl. oben (Hpttl., 7. Tl., 1. Abschn., C., I.).