Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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128 Abgrenzung des bedingten Vorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit im Markenstrafrecht<br />
Wie bei den Vorstellungstheorien entspricht der Reihenfolge der folgenden<br />
Darstellung der Willenstheorien die Steigerung der durch sie für den Eventualvorsatz<br />
geforderten voluntativen Merkmale. Spiegelbildlich verbleibt für die bewusste<br />
Fahrlässigkeit bei der jeweils folgenden Theorie mehr Raum als für den Eventualvorsatz.<br />
Nach der Vermeidungstheorie (Theorie des nicht betätigten Vermeidewillens)<br />
reicht es für den Eventualvorsatz, dass dem für möglich gehaltenen, aber unerwünschten<br />
Erfolgseintritt kein auf Vermeidung gerichteter steuernder Wille entgegengehalten<br />
wird, der sich äußerlich manifestiert und tatmächtig ist. 619 Bezüglich<br />
der äußerlichen Manifestation ist die Vorsatzgrenze sonach objektiviert.<br />
Nach der Ernstnahmetheorie handelt hingegen bedingt vorsätzlich, wer mit<br />
der Möglichkeit eines Erfolgseintritts ernsthaft rechnet und sich mit diesem abfindet.<br />
Nur ein tatsächliches Vertrauen auf das Ausbleiben des Erfolgs begründet<br />
danach die bewusste Fahrlässigkeit. 620<br />
Die Gleichgültigkeitstheorie fordert für den Eventualvorsatz, dass der Täter<br />
den von ihm für möglich gehaltenen Erfolgseintritt bewusst 621 und in rücksichtsloser<br />
Weise gleichgültig hinnimmt. Ist ihm demgegenüber der bloß in Kauf genommene<br />
Erfolgseintritt unerwünscht und hofft er dementsprechend auf dessen<br />
Ausbleiben, so ist ihm lediglich bewusste Fahrlässigkeit vorzuwerfen. 622<br />
Nach der Einwilligungs- oder Billigungstheorie ist ein Eventualvorsatz gegeben,<br />
wenn der Täter mit dem von ihm für möglich gehaltenen Erfolgseintritt einverstanden<br />
ist, ihn innerlich billigt oder ihn zustimmend oder billigend in Kauf<br />
nimmt. 623 Diese strengen Voraussetzungsvarianten für den Vorsatz werden allerdings<br />
korrigierend eingeschränkt, indem der Erfolgseintritt auch unerwünscht sein<br />
kann und auch dessen „Billigen im Rechtssinne“ für ausreichend erachtet wird,<br />
welches im mangelnden Vertrauendürfen auf den Nicht-Eintritt des Erfolgs besteht<br />
und um so eher angenommen wird, desto gefährlicher die Handlung des<br />
Täters ist. 624 Das zeigt eine normativierende Abweichung vom Vorsatz als rein<br />
psychischen Sachverhalt.<br />
619 Kaufmann, ZStW 70 (1958), 64, 74 ff. S. auch Hillenkamp, AT, S. 10 m.w.N.; Roxin, AT, § 12,<br />
Rn. 53 f.<br />
620 Vgl. Roxin, AT, § 12, Rn. 21 ff.; Stratenwerth, ZStW 71 (1959), 51, 57 f. Etwas abgewandelt Welzel,<br />
Strafrecht, S. 68 ff. (§ 13 I 2 c β). S. auch Hillenkamp, AT, S. 11 ff. m.w.N.<br />
621 Im Gegensatz zur inneren Teilnahmelosigkeit. Vgl. auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 15,<br />
Rn. 82 m.w.N.<br />
622 Engisch, NJW 1955, 1688, 1689. S. auch Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 20, Rn. 54; Hillenkamp,<br />
AT, S. 9 m.w.N.; Roxin, AT, § 12, Rn. 40.<br />
623 RGSt 33, 4, 5 f.; 59, 2, 3; 72, 36, 43 f.; 77, 228, 228 f.; BGHSt 7, 363, 369; 36, 1, 9 f. Statt vieler in<br />
der Literatur Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 20, Rn. 53 ff.; Maurach/Zipf, Strafrecht AT 1, § 22,<br />
Rn. 34 und 36 f. Vgl. auch Hillenkamp, AT, S. 8 m.w.N.; Roxin, AT I, § 12, Rn. 36 m.w.N.;<br />
Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 81 f. m.w.N. Was die Theorie respektive den juristischen<br />
Inhalt anbelangt, zustimmend auch Philipps, Roxin-Festschr., 365, 369, der sich zur Bestimmung<br />
des dolus eventualis eines multikriteriellen Entscheidungsverfahrens bedient.<br />
624 BGHSt 7, 363, 369 f.