Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Übertragung des Meinungsstandes auf das Markenstrafrecht 159<br />
chenumfeld verfügt, beim Verladen und Transportieren die betreffende Verpackung<br />
oder Ware in Augenschein genommen hat. Bei geringerer Ausprägung dieser<br />
beiden Indikatoren bedarf es hingegen der Hinzuziehung der anderen Indikatoren.<br />
Das im konkreten Einzelfall erforderliche kumulierte Maß der Erfüllungsgrade<br />
der kompensatorisch zusammenspielenden Indikatoren hängt wiederum<br />
stark mit dem Strafgrund des Vorsatzes zusammen. Das Gesamtmaß muss demnach<br />
eindeutig widerspiegeln, dass der objektiv markenrechtsverletzende Transporteur<br />
die – im tatbestandlichen Sinne – Gefährlichkeit seines Verhaltens für das<br />
fremde Markenrecht erkannt hat, dieses Verhalten aber dennoch gegenüber einem<br />
Alternativverhalten vorzieht, welches das fremde Markenrecht schont.<br />
3. Eventualvorsatz beim gewerblichen Einkäufer<br />
Gewerbliche Einkäufer, insbesondere Händler, geraten zwar in direkten physischen<br />
Kontakt mit den markenrechtsverletzenden Produkten. Dennoch ist damit<br />
nicht zwingend verbunden, dass ein objektiv markenrechtsverletzender gewerblicher<br />
Einkäufer mit Eventualvorsatz handelt. Denn Markenpiraterieorganisationen<br />
nutzen in vielen Fällen legale Absatzkanäle aus. 735 Anhand des entwickelten Indikatorensystems<br />
für die <strong>subjektive</strong> Zurechnung im Markenstrafrecht stehen in<br />
Kombination mit den normativen, auf den Strafgrund des Vorsatzes zurückzuführenden<br />
Kriterien zur Bestimmung der Vorsatzgrenze beim gewerblichen Einkäufer<br />
folgende Indikatoren zur Verfügung: die Bekanntheit der Marke im Markt-<br />
und Branchenumfeld der damit gekennzeichneten Produkte (in Abhängigkeit des<br />
Grades der Markenbekanntheit und der Erfahrung des Markenrechtsverletzers im<br />
betreffenden Markt- und Branchenumfeld), jedwede Kommunikation mit dem<br />
Markenrechtsinhaber über dessen aus beider Sicht unstrittig entgegenstehendes<br />
Recht, ein sehr günstiger Preis, eine große Menge an Piraterieware (wiederum nur,<br />
wenn die angekaufte Menge weitaus unüblich ist), ein Bezug von Markenprodukten<br />
außerhalb der vom Hersteller organisierten Vertriebswege, ein etwaiger Fall<br />
umstrittener Parallelimporte von außerhalb der EU, objektive Anhaltspunkte für<br />
Zweifel an der Seriosität des jeweiligen Lieferanten, ein gegenwärtiges Bewusstsein<br />
der Ausdehnung der Markenpiraterie in der betreffenden Branche (in Abhängigkeit<br />
von der spezifischen Erfahrenheit und der Intelligenz des Täters) und äußere<br />
Anzeichen für Markenpiraterie an der Verpackung oder – sofern überhaupt entsprechender<br />
Zugang des gewerblichen Einkäufers besteht – an der Ware selbst (in<br />
Abhängigkeit von der spezifischen Erfahrenheit und der Intelligenz des Täters). 736<br />
Für die Feststellung eines Eventualvorsatzes des gewerblichen Einkäufers ist keiner<br />
dieser Indikatoren unabdingbar. Auf isolierte Mindestanforderungen an die<br />
Erfüllungsgrade der einzelnen Indikatoren kann daher verzichtet werden. Demgegenüber<br />
wirkt eine sehr starke Ausprägung des Indikators einer Kommunikation<br />
735 Vgl. dazu oben bei den kriminologischen Aspekten der Markendelikte (Hpttl., 2. Tl., 3. Abschn.,<br />
A.).<br />
736 Vgl. oben (Hpttl., 6. Tl., 3. Abschn., B., I., 2., a)).