Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Verhältnis des Vorsatzes zur Fahrlässigkeit im Allgemeinen 117<br />
selbst voneinander abgrenzen. 571 Dieser Streit betrifft im Kern – abermals, aber<br />
unter anderem und erweitertem Blickwinkel wie bei der Begriffsbildung der <strong>subjektive</strong>n<br />
Zurechnung – die Frage, ob der Fahrlässigkeit auf der <strong>subjektive</strong>n Tatseite<br />
überhaupt ein Gehalt zukommt und ob dieser Gehalt gegenüber dem Vorsatz<br />
eigenständig ist. Aus der Beantwortung dieser Frage ergibt sich, inwieweit in logisch<br />
korrekter Weise vom Fehlen bestimmter der Ebene des <strong>subjektive</strong>n <strong>Tatbestand</strong>es<br />
zuzuordnender Vorsatzmerkmale auf das Vorliegen von Fahrlässigkeit<br />
geschlossen werden kann. Darauf kommt es immer dann an, wenn die dem Vorsatz<br />
und der Fahrlässigkeit gemeinsamen Merkmale feststehen, aber einzelne den<br />
Vorsatz ausmachende Merkmale nicht nachweisbar sind. Wird zwischen Vorsatz<br />
und Fahrlässigkeit ein Plus-Minus-Verhältnis und somit ein echtes logisches Stufenverhältnis<br />
angenommen, so stellt diese Konstellation eine nicht aufklärbare<br />
<strong>Tatbestand</strong>salternativität dar. Sonach kann nach dem Grundsatz „in dubio pro<br />
reo“ aus dem „Weniger“ verurteilt werden, mithin wegen der fahrlässigen Tatbegehung.<br />
Bei einem Aliud-Verhältnis zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit besteht<br />
schon keine <strong>Tatbestand</strong>salternativität. Denn auch bei Vorliegen der gemeinsamen<br />
Merkmale einer vorsätzlichen und einer fahrlässigen Handlung ist unklar, ob die<br />
etwaigen selbständigen Fahrlässigkeitsanforderungen erfüllt sind. Damit scheidet<br />
nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ eine Verurteilung insgesamt aus. Die<br />
erwähnte Konstellation liegt den folgenden Ausführungen als Hilfsüberlegung zu<br />
Grunde.<br />
B. Qualifizierung des Verhältnisses von Vorsatz und Fahrlässigkeit<br />
I. Gehalt der Fahrlässigkeit auf der <strong>subjektive</strong>n Tatseite<br />
Sofern der Fahrlässigkeit auf der <strong>subjektive</strong>n Tatseite überhaupt kein Gehalt zukäme,<br />
sondern es einzig auf die Erfüllung des objektiven <strong>Tatbestand</strong>es, insbesondere<br />
der Voraussetzungen der objektiven Zurechnung ankäme, wäre beim bloßen<br />
Fehlen oder der Nichtnachweisbarkeit <strong>subjektive</strong>r <strong>Tatbestand</strong>svoraussetzungen<br />
ohne weiteres die Fahrlässigkeit bereits festgestellt. 572 Einzig der Vorsatz würde<br />
<strong>subjektive</strong> <strong>Tatbestand</strong>smerkmale voraussetzen und wäre i.w.S. als Spezialfall einer<br />
objektiven Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Diese Betrachtung würde zugleich die<br />
radikalste Form eines Plus-Minus-Verhältnisses zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit<br />
darstellen. Da allerdings ein den Vorsatz begründendes sicheres Wissen der<br />
<strong>Tatbestand</strong>sverwirklichung durch Zufall erlangt worden sein kann und insoweit<br />
unter normalen Umständen nicht erlangbar gewesen wäre, kann aus dem Fehlen<br />
des Vorsatzes nicht ohne weiteres auf das Vorliegen von Fahrlässigkeit geschlossen<br />
werden. 573 Ferner drückt auch § 16 Abs. 1 S. 2 StGB mit seiner Wendung<br />
571 Vgl. auch von der Heydt, Die <strong>subjektive</strong> Tatseite, S. 168.<br />
572 So v.a. Herzberg, JuS 1996, 377, 381; Roxin, AT I, § 11, Rn. 49, § 24, Rn. 10; Yamanaka, ZStW 102<br />
(1990), 928, 944.<br />
573 LK 11/Schroeder, § 15, Rn. 9 m.w.N.