Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Bedeutung der <strong>markenstrafrechtliche</strong>n Vorsatzgrenze 111<br />
ziellen konstatiert Puppe zudem, dass der Wertunterschied zwischen Vorsatz- und<br />
Fahrlässigkeitsvorwurf im Nebenstrafrecht geringer sei als im Kernstrafrecht. 536<br />
Dies hätte für die vorliegende Arbeit angesichts deren gegenständlicher Beschäftigung<br />
mit dem zum Nebenstrafrecht 537 zählenden Markenstrafrecht Bedeutung,<br />
kann aber nicht weiter vertieft werden, weil Puppe diese These nicht begründet<br />
und sich auch dem Verfasser keine überzeugenden Argumente zur Stützung dieser<br />
These aufdrängen. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird die Grenze<br />
zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit genau anhand jener normativen Kriterien<br />
festgelegt, die auch der normativen Logik der Wertungsabstufung zwischen Vorsatz<br />
und Fahrlässigkeit zu Grunde liegen. 538 Gemessen an der Ausrichtung der<br />
unterschiedlichen Strafzwecke gibt es für diese Wertungsabstufung generalpräventive<br />
als auch spezialpräventive Gründe. 539<br />
Aus der Perspektive vorrangig der Rechtsgemeinschaft, damit aber auch letztlich<br />
jedes Einzelnen, sind insbesondere die unterschiedlichen Auswirkungen von<br />
Vorsatz- und Fahrlässigkeitstat auf die tatsächliche und moralische Normgeltung<br />
540 und das dadurch bewirkte Niveau des durch die betreffende Norm angestrebten<br />
Rechtsgüterschutzes von Interesse. Jeder Normbruch bedeutet nicht nur<br />
eine Reduktion der tatsächlichen Normgeltung, sondern birgt darüber hinaus die<br />
Gefahr einer Erschütterung des Normvertrauens der Rechtsgemeinschaft und<br />
kann damit zu einer Reduktion der moralischen Normgeltung führen mit Folge<br />
einer erhöhten Gefahr für die durch die jeweilige Strafnorm geschützten Rechtsgüter.<br />
541 Die fahrlässige Tat wird von der Rechtsgemeinschaft nur als Ausdruck<br />
einer unzulänglichen Bewertung der durch das Verhalten möglichen Folgen<br />
und/oder einer Unfähigkeit zur Regelung und Steuerung von Abläufen empfunden.<br />
542 Trotzdem birgt bereits die fahrlässige Tat, insbesondere wenn sie ungeahndet<br />
bleibt, die sozialpsychologische Gefahr für eine Verunsicherung der<br />
Rechtsgemeinschaft oder gar einer Infizierung weiterer Rechtsgenossen mit die-<br />
536 NK-StGB-Puppe, § 15, Rn. 11.<br />
537 Vgl. Roxin, AT I, § 1, Rn. 7.<br />
538 Hassemer, Armin Kaufmann-Gedächtnisschr., 289, 294.<br />
539 Die relativen, da am Strafzweck orientierten, Straftheorien werden weithin vereint; vgl. BVerfGE<br />
21, 391, 403 f.; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, Vorbem. §§ 38 ff., Rn. 11 ff.; a.A. Duttge, in: Das<br />
strafende Gesetz im sozialen Rechtsstaat, 1, 6 ff.<br />
540 Die tatsächliche (auch als faktische bezeichnete) Normgeltung drückt die Wirksamkeit bzw.<br />
Effizienz des Rechts aus, während die moralische Normgeltung die Anerkennungs- oder Überzeugungsgeltung<br />
bzw. Akzeptanz der Norm meint. Die tatsächliche und die moralische Normgeltung<br />
sind von der juristischen Normgeltung („Soll-Geltung“) zu unterscheiden. Vgl.<br />
Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, Rn. 334 ff. m.w.N.<br />
541 Diese Sichtweise setzt freilich umgekehrt die gesellschaftsfördernde Funktion der betreffenden<br />
Norm voraus. Diese besteht im Strafrecht im Schutz aus der Sicht des Grundgesetzes schützenswerter<br />
Rechtsgüter mit dem Ziel jedenfalls der Wahrung des sozialen Friedens. Von einer<br />
solchen kann ohne weiteres ausgegangen werden, soweit unterstellt werden kann, dass bei der<br />
Normsetzung verfassungsrechtliche Vorgaben beherzigt werden.<br />
542 Vgl. in einem anderen Kontext auch Jakobs, AT, 8. Abschn., Rn. 5.