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Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand

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46 Markenstrafrecht in der Rechtswirklichkeit<br />

den Kollektivrechtsgüter als „luftige“ oder „wolkige“, jedenfalls schwer greifbare,<br />

dafür aber um so leichter verletzbare Rechtsgüter bezeichnet 240, anstelle derer<br />

besser auf die Gefährdung konkret definierbarer individueller Rechtsgüter abgestellt<br />

werden solle 241. Dies impliziert einerseits den Zweck des Strafrechts, den<br />

Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner individuellen Grundrechtspositionen<br />

durch Dritte zu schützen 242, und andererseits die Grenzen des Strafrechts, durch<br />

die Inkriminierung bestimmter Verhaltensweisen nicht die allgemeine Handlungsfreiheit<br />

des Einzelnen nach Art. 2 Abs. 1 GG unverhältnismäßig einzuschränken.<br />

Durch die Einbeziehung überindividueller Rechtsgüter in den Schutzzweck von<br />

Strafnormen darf also nicht der Blick auf die dadurch mittelbar zu schützenden<br />

Individualrechte verstellt werden. Nicht etwa die Gemeinschaft, sondern vielmehr<br />

der einzelne Mensch hält die „Spitzenposition“ unserer heutigen Verfassung inne.<br />

243 Eine Strafbarkeit zum Schutz von nicht-individuellen Rechtsgütern ist daher<br />

nur dann gerechtfertigt, wenn sie mittelbar und in nahe liegender Weise dem Individuum<br />

dient. Eine solche Funktion kann nur abgeleitet werden, soweit entweder<br />

mit der Gefährdung des betreffenden Universalrechtsguts mittelbar zugleich Individualrechtsgüter<br />

gefährdet werden oder das betreffende Universalrechtsgut eine<br />

Grundvoraussetzung menschlichen Zusammenlebens darstellt und damit einen<br />

Teil des Rahmens schafft, welcher den Einzelnen überhaupt erst in die Lage versetzt,<br />

seine persönliche Freiheit auszuüben. 244 Die Schwierigkeit liegt dabei darin,<br />

ein dem Einzelnen dienendes Allgemeinwohl überhaupt zu definieren und die<br />

herausgefilterten einzelnen Kollektivinteressen sodann – jedenfalls teilweise – zu<br />

dann anzuerkennenden Institutionen zu verdichten 245. Erst anschließend stellt sich<br />

die Frage, wie diese Institutionen ideal geschützt werden können und ob dazu der<br />

Einsatz des Strafrechts geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Entscheidet<br />

sich der Gesetzgeber letztlich für einen strafrechtlichen Schutz überindividueller<br />

Rechtsgüter, begegnet ihm die Schwierigkeit einer zweckmäßigen straftatbestandlichen<br />

Ausformulierung, denn den Kollektivrechtsgütern entsprechen für gewöhnlich<br />

keine unmittelbaren Handlungsobjekte und keine greifbaren Opfer. <strong>Der</strong> Gesetzgeber<br />

behilft sich daher mit abstrakten Gefährdungsdelikten, bei welchen er<br />

solche Verhaltensweisen tatbestandlich formuliert, die letztlich das zu schützende<br />

240 Hassemer, JuS 1990, 850, 850; Weigend, Triffterer-Festschrift, 695, 699.<br />

241 So nehmen z.B. Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 2, § 68, Rn. 2 als vorrangig geschütztes<br />

Rechtsgut des § 298 StGB nicht wie allgemeinhin (s. Lackner/Kühl, § 298 StGB, Rn. 1 m.w.N.)<br />

das Allgemeininteresse am freien Wettbewerb bei Ausschreibungen, sondern das Vermögen an<br />

und qualifizieren somit § 298 StGB als ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt. Dies begründen<br />

sie damit, dass der freie Wettbewerb kein Selbstzweck sei, sondern eine Struktur, welche<br />

die Volkswirtschaft und die einzelne Person (Hervorhebung durch den Verfasser) vor<br />

Vermögensschäden bewahren will.<br />

242 Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 261.<br />

243 Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 261 m.w.N.<br />

244 Vgl. Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 263 f. m.w.N.<br />

245 Vgl. Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht AT, Rn. 45.

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