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Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand

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20 Allgemeine Grundlagen<br />

das Verständnis des internationalen Gesamtzusammenhangs auf ihre bloße Existenz<br />

beschränken. Die Begriffskenntnis darüber hinaus ist nicht von Bedeutung,<br />

so dass dahingestellt bleiben kann, welchen Inhalts diese sind und in welchem<br />

Verhältnis diese zu den deutschen Begriffen stehen.<br />

Die Begriffe „Produktpiraterie“ und „Markenpiraterie“ werden von den Kodifikationen<br />

des gewerblichen Rechtsschutzes nicht verwendet. Selbst das Produktpirateriegesetz,<br />

das diese Kodifikationen weiterentwickelt, definiert den Begriff<br />

der Produktpiraterie nicht. Nach dessen amtlicher Begründung seien die Erscheinungsformen<br />

der mit der Bezeichnung Produktpiraterie gemeinten Formen der<br />

Verletzung von Schutzrechten des geistigen Eigentums so unterschiedlich und<br />

zudem in einem dauernden Wandel begriffen, dass sie einer erschöpfenden Definition<br />

nicht zugänglich seien. 93 Daher verzichtet auch die Gesetzesbegründung auf<br />

eine exakte Bestimmung der Produktpiraterie und zitiert nur die gebräuchlichen<br />

Umschreibungen dieses Begriffs 94, die wegen ihrer mangelnden Präzision nicht zu<br />

einer überzeugenden Kennzeichnung führen 95. Daraus folgert ein Teil der Literatur,<br />

dass eine genaue Definition dieser Begriffe nicht möglich oder jedenfalls für<br />

die Rechtsanwendung entbehrlich und ein Streit über diese Begriffe daher fruchtlos<br />

sei. 96 Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, dass für das am 1.1.1995 in Kraft<br />

getretene Markengesetz zu erheblichen Anteilen europarechtliche Vorgaben 97<br />

bestimmend waren. Das Markengesetz ist daher europarechtskonform auszulegen,<br />

soweit es Bestimmungen der Richtlinie umsetzt. 98 Bei den Normverweisen des<br />

§ 143 Abs. 1 MarkenG auf § 14 MarkenG samt dessen auf die Richtlinie zurückgehenden<br />

Rechtsbegriffe ist dabei freilich die Grenze des Art. 103 Abs. 2 GG zu<br />

beachten. 99 Da die Auslegungskompetenz für die auf europäische Richtlinien zurückgehenden<br />

Rechtsbegriffe letztlich beim EuGH liegt 100 und es nahe liegt, dass<br />

93 Amtliche Begründung zum Produktpirateriegesetz, abgedruckt im Bl. f. PMZ 1990, 173, 175;<br />

ebenfalls abgedruckt in: Meister, Leistungsschutz und Produktpiraterie, S. 324 ff., 327.<br />

94 Amtliche Begründung zum Produktpirateriegesetz, abgedruckt im Bl. f. PMZ 1990, 173, 173 f.;<br />

ebenfalls abgedruckt in: Meister, Leistungsschutz und Produktpiraterie, S. 324 ff., 324.<br />

95 Cremer, Mitt. 1992, 153, 153.<br />

96 Meister, WRP 1991, 137, 138 f.; Schiwek, Markenpiraterie, S. 22 f. m.w.N.<br />

97 Erste Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die<br />

Marken 89/104/EWG vom 21.12.1988.<br />

98 EuGH Slg. 1984, 1891, 1891 f. – „v. Colson“ = EuGH NJW 1984, 2021, 2022; Everling, ZGR<br />

1992, 376, 376 ff.; Lecheler, Europarecht, S. 132; Oppermann, Europarecht, Rn. 560. Kritisch dazu:<br />

Di Fabio, NJW 1990, 947 ff. <strong>Der</strong> Grundsatz der gemeinschaftskonformen Auslegung findet seine<br />

Grenze in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Teil des Gemeinschaftsrechts sind,<br />

EuGH Slg. 1987, 3969, 3986 – „Kolpinghuis NiJmegen BV“; Brechmann, Richtlinienkonforme<br />

Auslegung, S. 57, 277 f.<br />

99 Zur grundsätzlichen Frage, ob gemeinschaftsrechtliche Einflüsse auf das deutsche Strafrecht<br />

mittels richtlinienkonformer Auslegung überhaupt möglich sind, vgl. BGHSt 37, 168, 175;<br />

BGHSt 37, 333, 336; Dannecker, Jura 1998, 79, 84 f.; Hugger, NStZ 1993, 421, 423 f.; Tiedemann,<br />

NJW 1993, 23, 24 f.; Zuleeg, JZ 1992, 761, 765.<br />

100 BGH GRUR 1996, 198, 199 – „Springende Raubkatze“; v. Gamm, GRUR 1994, 775, 776; Ihnen,<br />

Europarecht, S. 26; Lenz/Borchardt-Borchardt, Art. 234 EGV, Rn. 1.

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