Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Geschützte Rechtsgüter und Qualifizierung der Markendelikte 49<br />
eigenständige strukturelle Besonderheiten der betreffenden im Folgenden erörterten<br />
Institutionen.<br />
Eine solche Institution könnte der durch Marken verstärkt veranlasste Innovations-<br />
und Qualitätswettbewerb 256 sein. Dieser stimuliert über die klassische<br />
wohlstandssteigernde Kapitalfunktion des Eigentums hinaus den innovationsbasierten<br />
wirtschaftlichen Fortschritt und damit die – auch qualitativ fassbare –<br />
Wohlfahrt. 257 Eine durch ein hohes Ausmaß an Markendelikten bedingte Gefährdung<br />
des Rechtsinstituts der Marke würde mittelbar auch diesen Stimulus gefährden.<br />
Daher ist der Innovations- und Qualitätswettbewerb als ein durch die Markendelikte<br />
zu schützendes Kollektivrechtsgut zu qualifizieren.<br />
Außerdem könnte der Verbraucherschutz ein durch das Markenstrafrecht geschütztes<br />
Kollektivrechtsgut sein. <strong>Der</strong> Verbraucherschutz dient nicht nur der<br />
Wohlfahrt 258, sondern darüber hinaus insbesondere auch der Gesundheit 259, deren<br />
Schutz dem Staat nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG aufgegeben ist 260. Nach Ansicht des<br />
BVerfG sollen Marken – nachrangig zum Schutz ihres Inhabers – auch dem<br />
Schutz der Allgemeinheit, insbesondere des Verbrauchers vor unzutreffenden<br />
Vorstellungen über die Herkunft und die Qualität der durch sie gekennzeichneten<br />
Produkte dienen. 261 Durch diese mit Marken verbundene Identifikationsfunktion<br />
soll das Publikum vor Verwechslungen und Irreführungen geschützt werden 262,<br />
welche zu quantifizierbaren materiellen, aber eben auch zu qualitativen immateriellen<br />
Schäden führen können. Marken dienen damit in quantitativer als auch<br />
qualitativer Hinsicht auch dem Verbraucherschutz. Dieser ist folglich als universelles<br />
Rechtsgut durch die Markendelikte mitgeschützt. 263<br />
256 Ein dynamischer Qualitätswettbewerb ist jedenfalls das ökonomische Ziel der Gewährung von<br />
Immaterialgüterrechten; vgl. Ganea, GRUR Int. 2005, 102, 103. Die Institution des freien Wettbewerbs<br />
ist angesichts des daran bestehenden – letztlich der Freiheit des Einzelnen dienenden –<br />
Kollektivinteresses auch bei anderen Delikten als geschütztes Rechtsgut anerkannt. Vgl.<br />
Lackner/Kühl, § 298 StGB, Rn. 1 m.w.N.; Fischer, Vor § 298 StGB, Rn. 6 m.w.N.; Tiedemann,<br />
Wirtschaftsstrafrecht AT, Rn. 41. A.A. Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT 2, § 68, Rn. 2<br />
(s.o.).<br />
257 S.o. Vgl. auch Kirchner, GRUR Int. 2004, 603, 605. Vgl. zudem Patnaik, GRUR 2004, 191, 198, der<br />
für die Mikroebene des einzelnen Rechtsinhabers einen verloren gehenden Innovationsansporn<br />
sieht, solange dieser um den rechtmäßigen Lohn für seine Arbeit gebracht wird, indem Nachahmungen<br />
und Produktpiraterie nicht effektiv unterbunden werden. Zum Wegfall von Innovationsanreizen<br />
vgl. auch Maul/Maul, GRUR 1999, 1059, 1060.<br />
258 Verbraucherschützende Bemühungen erreichen die Zielsetzung der Wohlfahrt nicht nur durch<br />
die Förderung des Wettbewerbs sowie die Verbesserung der Verbraucherinformation und damit<br />
einhergehender höherer Markttransparenz, sondern auch mittelbar durch ihre das System der<br />
sozialen Marktwirtschaft überhaupt stärkende Wirkung. Vgl. Miletzki, Verbraucherrecht, S. 1 f.<br />
259 Miletzki, Verbraucherrecht, S. 2.<br />
260 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 2, Rn. 190 f. und 229 ff.<br />
261 BVerfG NJW 1988, 2594, 2596.<br />
262 Hubmann/Götting, § 5, Rn. 15. RGSt 29, 312, 315 sieht die Sicherung des Publikums gegen Irreführungen<br />
allerdings lediglich als Nebenzweck an.<br />
263 Zu diesem Ergebnis kommt auch Schulz, Markenstrafrecht, S. 46.