Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Einflussgrößen auf die Begriffsbildung der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.w.S. 93<br />
konnte 463. Anderenfalls handelt es sich bei einer eingetretenen Rechtsgüterbeeinträchtigung<br />
schlicht um einen nicht mit dem Täter in Verbindung zu bringenden<br />
Unfall. Mit einem individualisierenden Maßstab des Fahrlässigkeitsunrechts bedarf<br />
die Fahrlässigkeitsdogmatik ferner keiner individualisierenden systematischen<br />
Ausnahmen mehr, um besonders befähigte oder mit besonderem Wissen ausgestattete<br />
Täter 464 zu erfassen. Sie muss zudem auch nicht anhand einer flexiblen<br />
Zuschneidung der Verkehrskreise eine verschleierte Individualisierung 465 vornehmen,<br />
da sie täterindividuelle Aspekte unmittelbar berücksichtigt. Darüber hinaus<br />
spricht sogar eine Anleihe am Topos einer weit verstandenen Sorgfaltspflichtverletzung<br />
für eine Individualisierung des Fahrlässigkeitsunrechts. So soll das Erfordernis<br />
der Verletzung einer Kenntnisverschaffungspflicht legitimieren, dass eine<br />
tatsächliche Handlungsintention wie beim Vorsatz und der bewussten Fahrlässigkeit<br />
durch eine normative Handlungsintention im Kontext der unbewussten Fahrlässigkeit<br />
substituiert wird. 466 Um aber eine Kenntnisverschaffungspflicht zu begründen,<br />
müssen dem Handelnden jedenfalls gewisse Anhaltspunkte für eine Gefahr<br />
bekannt sein, nimmt man die parallele Benennung der bewussten Fahrlässigkeit<br />
und des Vorsatzes ernst. Dies führt im Übrigen dazu, dass auch bei der unbewussten<br />
Fahrlässigkeit eine tatsächliche – wenn auch mittelbare 467 – Handlungsintention<br />
besteht.<br />
<strong>Der</strong> Maßstab des Fahrlässigkeitsunrechts ist demnach ein individualisierender.<br />
Durch ihn wird die Struktur der <strong>subjektive</strong>n Tatseite von einerseits Vorsatz und<br />
andererseits Fahrlässigkeit vereinheitlicht. Seit Verschiebung <strong>subjektive</strong>r Elemente<br />
des Vorsatzdelikts in das Unrecht infolge der finalen Handlungslehre kann somit<br />
erstmals wieder von einer Strukturgleichheit von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt<br />
gesprochen werden. 468 <strong>Der</strong> Weg der „Subjektivierung“ des Unrechts ist folglich<br />
nach der Individualisierung des Vorsatzunrechts mit der Individualisierung<br />
des Fahrlässigkeitsunrechts komplettiert. 469<br />
463 Vgl. auch Otto, Schlüchter-Gedächtnisschr., 77, 89, nach dem die Pflicht zur Rechtsgutsbeeinträchtigungsvermeidung<br />
begriffnotwendig nur auf ein menschenmögliches Verhalten gerichtet<br />
sein kann. Vgl. auch MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 87 und 95.<br />
464 Gemeint sind solche mit Sonderkenntnissen und Sonderfähigkeiten.<br />
465 Vgl. MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 98.<br />
466 Siehe Burkhardt, in: Wolter/Freund, S. 122 m.w.N.<br />
467 <strong>Der</strong> Täter handelt zwar nicht etwa in Kenntnis der Gefahr selbst, wohl aber immerhin trotz<br />
Kenntnis jener die Kenntnisverschaffungspflicht begründenden Anhaltspunkte für die Gefahr.<br />
468 Siehe dazu Duttge, Fahrlässigkeit, S. 126 m.w.N.; MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 94 und<br />
100. Otto, Schlüchter-Gedächtnisschr., 77, 89 führt dafür die dem Vorsatz und der Fahrlässigkeit<br />
gemeinsame Rechtsgutsbeeinträchtigungsvermeidungspflicht an.<br />
469 Auch z.B. MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 97 schreibt im Zusammenhang mit der i.R.d.<br />
Feststellung des Handlungsunrechts beim Fahrlässigkeitsdelikt erfolgenden, nur einseitigen Berücksichtigung<br />
der Individualität der jeweiligen Person (Sonderwissen und Sonderkönnen) von<br />
einer „Individualisierung auf halben Wege“. Bereits an dieser Aussage wird deutlich, dass Duttge<br />
parallel zum vollständig individualisierten Maßstab für das (<strong>subjektive</strong>) Vorsatzunrecht eine vollständige<br />
Individualisierung des Maßstabes für das Fahrlässigkeitsunrecht verfolgt. In Duttge,<br />
Maiwald-Festschr., 167, 169 ff., 178 fordert Duttge ein individualisiertes Fahrlässigkeitsunrecht