Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Einflussgrößen auf die Begriffsbildung der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.w.S. 87<br />
wird noch dadurch verstärkt, dass der klassische Fahrlässigkeitsbegriff aufgrund<br />
seiner – historisch bedingten – zu einseitigen Orientierung am fahrlässigen Erfolgsdelikt<br />
nur dieses, nicht aber das schlichte fahrlässige Tätigkeitsdelikt in seiner<br />
Unrechtsstruktur zu erklären vermag. 440 Offen kann aber vorerst bleiben, in welchem<br />
Ausmaß die Fahrlässigkeit den <strong>Tatbestand</strong> betreffen muss 441 und nach welchem<br />
Maßstab die Fahrlässigkeitselemente des <strong>Tatbestand</strong>s zu beurteilen sind 442.<br />
Jedenfalls ist die reine Schuldtheorie abzulehnen.<br />
2. Systematische Verortung der Fahrlässigkeit auf Ebene der Schuld und des<br />
Unrechts<br />
a) „komplexer Fahrlässigkeitsbegriff“<br />
Nach dem noch überwiegend vertretenen „komplexen (mehrteiligen) Fahrlässigkeitsbegriff“<br />
443 ist ein zum Unrecht gehörendes objektives von einem bei der<br />
Schuld verorteten <strong>subjektive</strong>n Strafbarkeitselement zu trennen. 444 Während für die<br />
<strong>Tatbestand</strong>mäßigkeit ausschließlich nach objektiven Kriterien zu bestimmende<br />
generelle Sorgfaltsanforderungen maßgeblich sein sollen, kommen die individuellen<br />
Fähigkeiten erst auf Ebene der Schuld zum Tragen. 445 Die soeben offen gelassenen<br />
beiden Fragen werden beim komplexen Fahrlässigkeitsbegriff also wie folgt<br />
beantwortet: Die Fahrlässigkeitselemente verteilen sich auf die Ebenen des <strong>Tatbestand</strong>es<br />
und der Schuld, wobei die Fahrlässigkeitselemente des <strong>Tatbestand</strong>s nach<br />
einem generalisierenden und erst diejenigen der Schuld nach einem individualisierenden<br />
Maßstab zu beurteilen sind. Das Handlungsunrecht beim komplexen Fahrlässigkeitsbegriff<br />
ist demnach abgelöst vom handelnden Individuum zu sehen. <strong>Der</strong><br />
Grund für diesen auf <strong>Tatbestand</strong>sebene generalisierenden Maßstab liegt am auf<br />
dieser Ebene herangezogenen Topos der Sorgfaltspflichtverletzung: Abgesehen<br />
von der Notwendigkeit der Konkretisierung jeder Norm für die täterspezifische<br />
Situation können sich Sorgfaltsnormen als solche nämlich aufgrund ihrer Normeigenschaft<br />
nicht an den Fähigkeiten eines einzelnen Normunterworfenen – hier<br />
naka, ZStW 102 (1990), 928, 932 ist es dem Finalismus zu verdanken, dass nunmehr die Fahrlässigkeit<br />
ebenso wie der Vorsatz systematisch im <strong>Tatbestand</strong> eingeordnet wird.<br />
440 Vgl. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 110a und 115.<br />
441 Fraglich bleibt also, ob neben den Fahrlässigkeitselementen des <strong>Tatbestand</strong>s auch noch solche<br />
der Schuld bestehen bleiben.<br />
442 Dies berührt die Frage, ob das Handlungsunrecht des Fahrlässigkeitsdelikts auf Ebene des <strong>Tatbestand</strong>es<br />
generalisierend oder individualisierend bestimmt werden muss. Freilich deuten bereits<br />
die wesentlichen der vorgehend angeführten Argumente ein individualisiertes fahrlässigkeitsspezifisches<br />
Handlungsunrecht an.<br />
443 Burkhardt, in: Wolter/Freund, S. 114 m.w.N. Siehe auch Darstellung bei Duttge, Fahrlässigkeit,<br />
S. 64.<br />
444 Zu diesem Fahrlässigkeitsbegriff mit doppeltem Maßstab s. statt vieler Duttge, Fahrlässigkeit, S. 64<br />
ff.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 116 ff.<br />
445 Siehe MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 94.