Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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72 Begriff und Konzeption der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />
rium der Rechtsprechung („andere rechtliche Bewertung“ 373) auch beim Fahrlässigkeitsdelikt<br />
zunächst unbehandelt.<br />
Fraglich ist allerdings bereits, ob diesem Kriterium beim Fahrlässigkeitsdelikt<br />
noch substantieller Gehalt zukommt, also eine andere rechtliche Bewertung auf<br />
einer strafrechtssystematischen Stufe jenseits der objektiven Zurechnung überhaupt<br />
noch möglich ist. So sieht ein Teil der Literatur den <strong>Tatbestand</strong> fahrlässiger<br />
Delikte, soweit dieser nicht zusätzliche Verhaltensbeschreibungen enthält, bereits<br />
und allein durch die Lehre von der objektiven Zurechnung ausgefüllt. 374 Anderweitig<br />
angeführte Kriterien fahrlässigen Verhaltens wie etwa die „Sorgfaltspflichtverletzung“<br />
oder die „Erkennbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs“ würden<br />
über die allgemeinen Zurechnungskriterien nicht hinausführen. 375 Diese Sichtweise<br />
findet Unterstützung beim unbewusst fahrlässigen Delikt, bei dem der Handelnde<br />
die Rechtsgutgefährdung selbst nicht in sein Bewusstsein aufgenommen<br />
hat 376, sondern nur einen normativ zu bestimmenden Ausschnitt der gefahrbegründenden<br />
Umstände kennt und somit die psychischen Gegebenheiten nur wenig<br />
ausgeprägt sind. 377 Soweit nämlich die objektive Zurechnung zumindest an<br />
jene psychischen Faktoren anknüpft und somit <strong>subjektive</strong> Bezugspunkte umfasst,<br />
können darüber hinaus keine weiteren psychischen Faktoren mehr notwendig<br />
sein, um fahrlässiges Verhalten zu begründen. Damit würde sich die <strong>subjektive</strong><br />
Erkennbarkeit beim unbewusst fahrlässigen Delikt allein auf das risikoschaffende<br />
Verhalten beziehen und die Verwirklichung dieses Risikos im Erfolg und damit<br />
der Erfolgsunwert keiner (weiteren) <strong>subjektive</strong>n Begleitung bedürfen. 378 Wie aber<br />
bereits beim vorsätzlichen Erfolgsdelikt dargestellt, ist es deutlicher, die Frage der<br />
normativen Bewertung psychischer Faktoren von der die normative Bewertung<br />
äußerer Faktoren betreffenden objektiven Zurechnung zu trennen. 379 Da sowohl<br />
373 BGHSt 7, 325, 329; 38, 32, 34.<br />
374 Roxin, AT I, § 11, Rn. 49, § 24, Rn. 10; Yamanaka, ZStW 102 (1990), 928, 944.<br />
375 Roxin, AT I, § 24, Rn. 10 ff.; Yamanaka, ZStW 102 (1990), 928, 944.<br />
376 Struensee, Grundlagenprobleme, S. 14.<br />
377 Da aber, im Umkehrschluss zur Berücksichtigung von Sonderwissen, für die Begründung einer<br />
Fahrlässigkeitstat der Handelnde jedenfalls die gefahrbegründeten Umstände kennen muss, liegt<br />
es fern, die Erforderlichkeit von <strong>subjektive</strong>n <strong>Tatbestand</strong>smerkmalen generell zu verneinen und<br />
somit dogmatisch bereits überhaupt keine strafrechtssystematische Kategorie für täterpsychologische<br />
Umstände auf Ebene des <strong>Tatbestand</strong>s fahrlässiger Delikte zuzulassen. So aber u.a. – abgesehen<br />
vom reinen psychologischem Negativum des Nichtwissens – Baumann/Weber/Mitsch,<br />
AT, § 22, Rn. 9 ff., 15 ff. Dagegen (teilweise jedenfalls inzident): BGHSt 14, 52, 54; GA 1960,<br />
111, 112; Burkhardt, in: Wolter/Freund, S. 130 f.; Kindhäuser, LPK-StGB, § 15, Rn. 77; Rudolphi,<br />
JuS 1969, 549, 552; Struensee, Grundlagenprobleme, S. 26 und 30; AK-StGB-Zielinski, §§ 15, 16,<br />
Rn. 87 ff., 92. Für eine Individualisierung des Fahrlässigkeitsmaßstabes nicht nur – mittels Berücksichtigung<br />
von Sonderwissen – nach „oben“, sondern auch nach „unten“ siehe auch<br />
MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 97 ff. m.w.N.<br />
378 Wolter, Roxin-Symposium, S. 9.<br />
379 Vgl. o. Zu <strong>subjektive</strong>n Elementen in der objektiven Zurechung vgl. Arzt, Schlüchter-<br />
Gedächtnisschr., S. 163 ff. Vgl. allgemeiner auch Jakobs, AT, 7. Abschn., Rn. 32, 49. Für das Bedürfnis<br />
einer „theoretische(n) Entflechtung“ und „dogmatischen Durchleuchtung“ objektiver