Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
60 Begriff und Konzeption der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />
aber erforderlich ist 309, kann die konkrete Kausalität nicht als Vorsatzgegenstand<br />
angesehen werden 310. Anderenfalls würde die Voraussetzung, dass der Vorsatz<br />
zum Zeitpunkt der <strong>Tatbestand</strong>sausführungshandlung vorliegen muss 311, unterlaufen<br />
werden.<br />
Würde man den konkreten Kausalverlauf als Vorsatzgegenstand ansehen,<br />
müssten außerdem zusätzlich zu den psychischen auch normative Aspekte Bedeutung<br />
für den Vorsatz erlangen oder auf diesen jedenfalls korrigierend einwirken.<br />
Denn bei „unwesentlichen“ Abweichungen vom vorgestellten Kausalverlauf, welche<br />
der Täter sich so nicht vorgestellt hat, würde es in einem ersten gedanklichen<br />
Schritt zunächst gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zu einem Vorsatzausschluss kommen.<br />
Zur „Heilung“ dieser – nach der herkömmlichen Auffassung nicht gewollten<br />
– Verneinung des Vorsatzes gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB müsste es in einem zweiten<br />
gedanklichen Schritt sodann darum gehen, eine Strafbarkeit zu begründen.<br />
Dies ist strafrechtssystematisch aber nicht nur zweifelhaft, sondern eine Strafbarkeitsbegründung<br />
contra legem (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB!) ist schlechterdings unmöglich<br />
(Art. 103 Abs. 2 GG). <strong>Der</strong> Gedanke zeigt aber, dass im Bereich des Vorsatzes<br />
auch nach der herkömmlichen Auffassung ohne wertende Gesichtspunkte nicht<br />
ausgekommen werden kann. Da demnach ohnehin eine normative Bewertung der<br />
Vorstellungen des Handelnden nicht erspart bleibt, sollte dies zugunsten der strafrechtsdogmatischen<br />
Klarheit und damit der einfacheren Rechtsanwendung auch<br />
in einer strafrechtssystematisch feineren Einordnung geschehen als bei einer Verortung<br />
beim Vorsatz. Dies führt auch dazu, dass der Vorsatz nicht normativ verbogen<br />
werden muss, sondern seinem Wesen nach schwerpunktmäßig die handelndenpsychischen<br />
Gesichtspunkte zu ergründen hat. 312<br />
Einfach ausgedrückt kommt es also für den Vorsatz nicht darauf an, ob der<br />
Handelnde sich den konkreten Kausalverlauf zwischen seinem tatbestandsmäßigen<br />
Verhalten und dem tatbestandsmäßigen Erfolg richtig vorstellt, sondern er<br />
muss sich den Kausalverlauf lediglich abstrakt zumindest als möglich vorstellen.<br />
Unter dieser Voraussetzung handelt er grundsätzlich vorsätzlich. Falls er sich jedoch<br />
einen konkreten Kausalverlauf vorstellt und der tatsächliche von diesem<br />
unter rechtlichen Wertungsgesichtspunkten wesentlich abweicht, wird ausnahmsweise<br />
normativ korrigiert, indem auf Ebene der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung i.e.S.<br />
trotz zugrunde gelegten Vorsatzes eine Nichtzurechnung vorgenommen wird.<br />
<strong>Der</strong> zum tatbestandlichen Erfolg führende konkrete Kausalverlauf ist folglich<br />
kein Gegenstand des Vorsatzes.<br />
309 Im Umkehrschluss zum Mindesterfordernis der Möglichkeitsvorstellung für den (Eventual-)<br />
Vorsatz muss der Vorsatzgegenstand überhaupt kognitiv als möglich wahrgenommen werden<br />
können.<br />
310 Schroth, Vorsatz und Irrtum, S. 96.<br />
311 Kühl, AT, § 5, Rn. 20; Schlehofer, Vorsatz und Tatabweichung, S. 21.<br />
312 So schreibt z.B. auch Kühl vom Vorsatz als einem wertfreien psychologischen Sachverhalt; s.<br />
Lackner/Kühl, § 15 StGB, Rn. 31.