Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Kriminologische Aspekte des strafrechtlichen Markenrechtsschutzes 41<br />
Gewinnmargen verhältnismäßig hoch, so dass Markendelikte wirtschaftlich sehr<br />
ergiebig sind. Auch dieser Umstand spricht für ein Engagement der Organisierten<br />
Kriminalität in der Markenpirateriebranche und für die Zuordnung der Markendelikte<br />
zur Wirtschaftskriminalität.<br />
Die unmittelbaren Opfer 208 von Markendelikten sind die Markenrechtsinhaber<br />
und die unwissenden privaten Verbraucher. Markenrechtsinhaber erleiden teilweise<br />
direkte Absatzverluste, nachhaltige Rufschädigungen durch die häufig qualitativ<br />
minderwertige Fälscherware und müssen ferner Aufwendungen für den juristischen,<br />
betriebswirtschaftlichen und technischen Markenschutz betreiben. 209 Während<br />
der wissende Konsument mit seiner Nachfrage nach billigen Produktfälschungen<br />
das Phänomen der Produktpiraterie fördert 210, erleidet der unwissende<br />
private Verbraucher jedenfalls einen Vermögensschaden wegen der geringeren<br />
Produktqualität, dem Fehlen von Gewährleistungsrechten und dem Nichtbestehen<br />
von vermeintlichen Herstellergarantien sowie Ansprüchen aus Produkthaftung;<br />
in Einzelfällen erleidet er darüber hinaus sogar gesundheitliche Gefahren 211.<br />
Weiterhin ist mittelbar die Allgemeinheit Opfer. Diese verliert durch Markendelikte<br />
Steuer- und Zolleinnahmen; Handelsbeziehungen sowie Arbeitsplätze<br />
werden gefährdet und teils zerstört. 212 Eventuelle Schäden am institutionalisierten<br />
Vertrauen der Verbraucher in die Qualität von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen<br />
213 führen zu Unsicherheit und damit zu durch Kaufzurückhaltung bedingter<br />
– für die Allgemeinheit negativ zu bewertender – Verminderung wirtschaftlicher<br />
Aktivität. Infolge der durch Markenpiraterie bewirkten Wettbewerbsverzerrungen<br />
wird ferner auch das institutionalisierte Vertrauen der Wirtschaftsindividuen<br />
in den – für eine am Markt ausgerichteten Wirtschaftsordnung essentiellen –<br />
Wettbewerb geschädigt. Die Schädigung überindividueller sozialer Rechtsgüter ist<br />
typisch für Wirtschaftsdelikte. 214<br />
Zwischen dem Markenrechtsverletzer und dem Markenrechtsinhaber besteht<br />
in der Regel eine große persönliche wie auch räumliche Distanz, deren persönlicher<br />
Aspekt in vielen Fällen noch dadurch verstärkt wird, dass es sich bei dem<br />
Markenrechtsinhaber um anonyme Personenmehrheiten oder gar juristische Personen<br />
handelt. 215 Im Verhältnis zur Allgemeinheit schädigt der Täter die angeführ-<br />
208 Allgemein zur Viktimologie: Kaiser, Kriminologie, § 47, Rn. 1 ff.<br />
209 Vgl. Eisenberg, Kriminologie, § 7, Rn. 16, § 9, Rn. 9 m.w.N.; Schiwek, Markenpiraterie, S. 28<br />
m.w.N.<br />
210 Ekey/Klippel/Ekey, HK-MarkenR, § 143 MarkenG, Rn. 4.<br />
211 Vgl. Schiwek, Markenpiraterie, S. 26 m.w.N.<br />
212 Vgl. Schiwek, Markenpiraterie, S. 29 m.w.N.<br />
213 Zu diesem vom individuellen Vertrauen der einzelnen Marktteilnehmer abzugrenzenden institutionalisierten<br />
Vertrauen vgl. Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht AT, Rn. 43 m.w.N.<br />
214 Eisenberg, Kriminologie, § 61, Rn. 23.<br />
215 Im Übrigen besteht anscheinend an der Opfersituation von Angehörigen der Weiße-Kragen-<br />
Klasse, bei den Markendelikten also der Markenrechtsinhaber, viktimologisch kaum Interesse;<br />
vgl. Kaiser, Kriminologie, § 47, Rn. 20 f.