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Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand

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92 Begriff und Konzeption der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />

Beurteilung der Handlung automatisch eine inzidente Berücksichtigung der hiermit<br />

verbundenen materiellen Fragen erfolgt. Zur Begründung der Fahrlässigkeit<br />

bedarf es daher nicht unbedingt einer eigenständig zu behandelnden Sorgfaltspflichtverletzung.<br />

457 <strong>Der</strong> Inhalt dieser bleibt jedoch erhalten, geht aber in der Erörterung<br />

der strafrechtlichen Handlung auf. <strong>Der</strong> Begriff der Sorgfaltspflichtverletzung<br />

kann allerdings als Hilfsüberlegung herangezogen werden: Eine Sorgfaltspflichtverletzung<br />

kann das Vorliegen einer Fahrlässigkeit – freilich widerleglich –<br />

indizieren. 458 Die Verneinung des unbedingten dogmatischen Erfordernisses einer<br />

als solche bezeichneten Sorgfaltspflichtverletzung eröffnet die unmittelbare und<br />

unverzerrte Frage nach der Qualifizierung des Handlungsunrechts des Fahrlässigkeitsdelikts.<br />

Das gängige Verständnis der Sorgfaltspflichtverletzung verdoppelt diesen Begriff,<br />

indem es eine eigenständige Geltungskraft sog. „konkreter Sondernormen“<br />

beinhaltet. Damit ist zwingend ein generalisierender Maßstab der Sorgfaltspflichtverletzung<br />

verbunden. 459 Demgegenüber führt die Fokussierung auf eine täterspezifische<br />

Pflichtwidrigkeit, sei es durch ein um täterindividuelle Aspekte erweitertes<br />

Verständnis des Begriffs der Sorgfaltspflichtverletzung oder durch dessen – etwaige<br />

Verwirrungen behebende – Aufgabe unter Beibehaltung der Erörterung der<br />

mit diesem verbundenen Sachfragen, zu einem individualisierenden Maßstab des<br />

Handlungsunrechts des Fahrlässigkeitsdelikts. 460 Ein solcher liegt angesichts des<br />

gleichermaßen individualisierenden Maßstabes beim Vorsatzdelikt nahe. 461 Für<br />

einen individualisierenden Maßstab des Fahrlässigkeitsunrechts spricht im Wesentlichen,<br />

dass in einem personal geprägten Strafrecht 462 nur dann von einem<br />

typischen Unrecht die Rede sein kann, wenn in der konkreten Tatsituation der<br />

Täter selbst nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten die Beeinträchtigung<br />

der in der betreffenden Strafnorm bestimmten Rechtsgüter vermeiden<br />

457 Vgl. auch MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 107 m.w.N., der sich explizit allerdings nur gegen<br />

die gängige Verdoppelung der Sorgfaltspflichtverletzung wendet, also gegen eine eigenständige<br />

Geltungskraft sog. „konkreter Sondernormen“.<br />

458 Vgl. Yamanaka, ZStW 102 (1990), 928, 944, der – angesichts seines rein objektiven Verständnisses<br />

von der Fahrlässigkeit – in der Sorgfaltspflichtverletzung freilich nur ein Indiz für das Vorliegen<br />

der Voraussetzungen objektiver Zurechnung sieht. Nach Kühl, AT, § 17, Rn. 15 leisten Sorgfaltsvorschriften<br />

als geronnene Erfahrung wertvolle Dienste. Zur Kritik an der Indizwirkung<br />

des Verstoßes gegen sog. „konkrete Sondernormen“ für das Vorliegen einer Fahrlässigkeit und<br />

zur Umkehrung der Indizwirkung, also einer Annahme eines „erlaubt“ riskanten Verhaltens, im<br />

Falle der Einhaltung derselben vgl. MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 114 f. und 135 ff.<br />

459 Vgl. auch Duttge, Fahrlässigkeit, S. 82.<br />

460 Zu den Lehren, welche zwar das Fahrlässigkeitkriterium der Sorgfaltspflichtverletzung beibehalten,<br />

diese aber – trotz der damit verbundenen Probleme und damit in einer vollkommen den ursprünglichen<br />

Begriff verzerrender Weise – nach individuellen Gesichtspunkten beurteilen und<br />

als solche systematisch im <strong>Tatbestand</strong> lozieren, s. Duttge, Fahrlässigkeit, S. 79 ff.<br />

461 So verweist Jakobs, AT, 9. Abschn., Rn. 13 in diesem Zusammenhang darauf, dass auch ein „objektiver<br />

Vorsatz“ überflüssig wäre.<br />

462 Zur „personalen“ Unrechtslehre vgl. Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, Vorbem. §§ 13 ff.,<br />

Rn. 52/53 m.w.N.

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