Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Übertragung der allgemeinen Strafrechtslehren zur Lösung <strong>markenstrafrechtliche</strong>r Irrtumsprobleme 181<br />
wenn er z.B. eine ausschließliche Lizenz verletzt 838. Ob aber ein Täter diese Wertung<br />
kennt oder nicht, ist für seinen Vorsatz von vornherein unbedeutend. Für<br />
einen vom Markenrechtsinhaber personenverschiedenen Täter greift nämlich<br />
diese Wertung überhaupt nicht ein, da sie ihn und seine Handlung überhaupt<br />
nicht betrifft. Nimmt er demgegenüber irrig an, er sei der Markenrechtsinhaber,<br />
so ist Gegenstand seines Irrtum nicht etwa die erwähnte Wertung, sondern vielmehr<br />
die Inhaberschaft der Marke (§ 7 MarkenG). <strong>Der</strong> – etwa lizenzverletzende –<br />
Markenrechtsinhaber selbst ist unabhängig von seiner Kenntnis dieser Wertung<br />
nicht strafbar. Er kann allenfalls einem unerheblichen Wahndelikt unterliegen,<br />
wenn er sich über diese Wertung irrt. 839 Daher ist es für die <strong>markenstrafrechtliche</strong><br />
Irrtumslehre irrelevant, zu erörtern, ob diese Wertung zum <strong>Tatbestand</strong> gehört<br />
oder nicht. Es kommt also nicht darauf an, ob eine Kenntnis dieser Wertung notwendig<br />
ist, um ein typisches Unrecht zu begründen. Weitere Wertungen, welche<br />
den <strong>markenstrafrechtliche</strong>n <strong>Tatbestand</strong>smerkmalen der Markenbenutzung als<br />
Verletzungshandlung und der Begehung durch einen „Dritten“ zugrunde liegen<br />
könnten, sind nicht ersichtlich. Diese beiden <strong>Tatbestand</strong>smerkmale scheiden daher<br />
von der weiteren Erörterung wegen ihrer diesbezüglichen Bedeutungslosigkeit<br />
aus.<br />
Demgegenüber umfassen die verbleibenden <strong>markenstrafrechtliche</strong>n <strong>Tatbestand</strong>smerkmale<br />
neben ihren rein deskriptiven Tatumständen auch originäre und<br />
für die hier erörterte Frage relevante normative Tatumstände. 840 Dies sind insbesondere<br />
die Merkmale, welche in den speziellen Tatvarianten die verschiedenen<br />
Markenverletzungsarten beschreiben und sich somit mit dem Markenrecht als<br />
Tatobjekt beschäftigen 841, sowie die <strong>markenstrafrechtliche</strong>n <strong>Tatbestand</strong>smerkmale<br />
„im geschäftlichen Verkehr“, die Verwechslungsgefahr nach §§ 143 Abs. 1 Nr. 1<br />
2. Alt., 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG 842, die Inlandsbekanntheit der Marke nach<br />
838 Vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14, Rn. 51. In einem solchen Fall soll nach der eindeutigen gesetzgeberischen<br />
Entscheidung lediglich eine Vertragsverletzung vorliegen.<br />
839 Zur Figur des Wahndelikts siehe Kühl, AT, § 15, Rn. 18 und 97 ff.; Schönke/Schröder/Sternberg-<br />
Lieben, § 16, Rn. 25; Schönke/Schröder/Eser, § 22, Rn. 69, 78 ff.<br />
840 Um der Gefahr zu begegnen, dass der hier verwendete Ausdruck der normativen Tatumstände<br />
dergestalt fehl interpretiert wird, dass er etwas Faktisches andeute, könnte anstelle dessen klarstellend<br />
auch der Ausdruck der normativen Tatanteile verwendet werden.<br />
841 Schuhmacher, Marken(artikel)piraterie, S. 149 sieht in der – nach ihr offenbar allumfassend zu<br />
verstehenden – Reichweite des markenrechtlichen Benutzungsbegriffs ganz allgemein ein normatives<br />
<strong>Tatbestand</strong>smerkmal. Unklar, aber inzident wohl differenzierend: Ingerl/Rohnke, § 143,<br />
Rn. 6. Schulz, Markenstrafrecht, S. 107 kategorisiert ganz allgemein den Begriff der Marke insgesamt<br />
„trotz ihrer sinnlichen Wahrnehmbarkeit“ als ein normatives <strong>Tatbestand</strong>smerkmal.<br />
842 Teils wird die <strong>markenstrafrechtliche</strong> Verwechslungsgefahr ganz allgemein als ein normatives<br />
<strong>Tatbestand</strong>smerkmal klassifiziert; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, § 143, Rn. 22; Schuhmacher,<br />
Marken(artikel)piraterie, S. 149; v. Zumbusch, in: v. Schultz, Markenrecht, § 143 MarkenG,<br />
Rn. 6. Demgegenüber wird weit überwiegend in der Verwechslungsgefahr zwar kein empirischer<br />
Tatsachenbegriff, sondern ein normativer Begriff gesehen. Für die Einordnung eines diesbezüglichen<br />
Irrtums werden aber Irrtümer über tatsächliche Feststellungen bei der Beurteilung der<br />
Verwechslungsgefahr und solche über rechtliche Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr un-