Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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112 Weitere relevante Gesichtspunkte für die <strong>markenstrafrechtliche</strong> <strong>subjektive</strong> Zurechnung<br />
sem praktizierten Handlungsstil. 543 Demgegenüber stellt sich der Rechtsgemeinschaft<br />
die vorsätzliche Tat als Ausdruck einer hinreichenden Bewertung der durch<br />
die Tat möglichen Folgen und einer darauf basierenden bewussten Entscheidung<br />
dar. 544 Die Einsicht, dass ein Täter Konflikte bewusst nach anderen als den für<br />
gemeinhin richtig gehaltenen gesetzlichen Wertmaßstäben auflöst, mithin einen<br />
von einer Strafrechtsnorm normativ geschützten Zustand explizit negiert 545, kann<br />
eine weitaus größere Verunsicherung der Rechtsgemeinschaft nach sich ziehen, als<br />
dies bei lediglich fahrlässigem Verhalten der Fall ist. Dies gilt umso mehr, wenn<br />
die Tat nicht geahndet wird, was angesichts bestehender Dunkelziffern jedenfalls<br />
partiell in der Rechtswirklichkeit vorkommt. 546 Damit führt eine vorsätzliche Tatbegehung<br />
eher und stärker als eine fahrlässige Tatbegehung zu einer sozialpsychologischen<br />
Erschütterung der Rechtsgemeinschaft und gefährdet somit die Rechtstreue<br />
und das Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung, was die<br />
moralische Normgeltung und letztlich den Rechtsgüterschutz vermindern kann.<br />
Daher besteht bei der Vorsatztat bereits ein typischerweise hervorgehobenes generalpräventives<br />
Bedürfnis für eine erhöhte Strafe. 547<br />
Auch die Täterpsyche selbst liefert Ansatzpunkte für die Wertungsabstufung<br />
zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Unabhängig davon, welche Parameter im<br />
einzelnen Vorsatz und Fahrlässigkeit ausmachen, ist im Falle einer vorsätzlichen<br />
Tatbegehung die Intensität 548 der <strong>subjektive</strong>n Vorstellungen des Täters, insbesondere<br />
was die Gefahr für das durch den jeweiligen <strong>Tatbestand</strong> geschützte Rechtsgut<br />
anbelangt, wesentlich höher als diejenige im Falle einer fahrlässigen Tatbegehung.<br />
<strong>Der</strong> Vorsatztäter kennt und will also die Gefahr für das fremde Rechtsgut typischerweise<br />
intensiver. Er kann somit dessen Schädigung typischerweise eher vermeiden,<br />
nutzt diese erhöhte Vermeidungsmacht aber nicht aus. Damit ist er gefährlicher<br />
für das jeweils geschützte Rechtsgut. 549 Durch seine erhöhte Vermeidungsmacht<br />
hat er auch typischerweise die günstigeren Umweltbedingungen zur<br />
Normbefolgung, stellt sich aber durch sein Verhalten bewusst gegen die betreffende<br />
Norm. Neben seiner höheren Gefährlichkeit für das geschützte Rechtsgut<br />
stellt sich der Vorsatztäter also auch stärker gegen die Rechtsordnung als der<br />
Fahrlässigkeitstäter. Sein Weg zurück zur Rechtstreue ist demzufolge ein weiterer<br />
als derjenige des Fahrlässigkeitstäters, da er nicht nur gesteigert aufmerksam und<br />
vorsorgend werden muss, sondern auch sein bewusst entschieden negatives Verhältnis<br />
zu der betreffenden Strafnorm samt des von dieser geschützten Rechtsguts<br />
543 Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 100. In diesem Zusammenhang instruktive Einführung in die Kriminologie<br />
der Fahrlässigkeitsdelikte: Schlüchter, Kaiser-Festschr., 359 ff.<br />
544 Umkehrschluss zu den Darstellungen in einem anderen Kontext bei Jakobs, AT, 8. Abschn.,<br />
Rn. 5.<br />
545 Vgl. bei Schroth, Vorsatz als Aneignung, S. 50 f.<br />
546 Vgl. oben bei den kriminologischen Ausführungen.<br />
547 Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 49 und 100 f.<br />
548 Intensität ist in diesem Zusammenhang nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gemeint.<br />
549 Frisch, Vorsatz und Risiko, S. 97; Hassemer, Armin Kaufmann-Gedächtnisschr., 289, 297.