Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Begriffe aus dem Umfeld des Markenstrafrechts 21<br />
dieser seinerseits seine Auslegungserkenntnisse insbesondere aus europäischen<br />
Quellen schöpft, ist neben einer Beschäftigung mit der allgemeinen Begriffsbildung<br />
insbesondere die aus dem Jahre 1998 stammende Begriffsbestimmung der<br />
Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Grünbuch der Europäischen Kommission<br />
zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie<br />
im Binnenmarkt 101 von einiger Relevanz.<br />
Vor der Begriffsbestimmung im Grünbuch der Europäischen Kommission<br />
wurde der Begriff „Piraterie“ national wie auch international unklar und uneinheitlich<br />
verwendet. 102 Das lag wohl auch daran, dass das Phänomen „Produktpiraterie“<br />
weder betriebs- noch volkswirtschaftlich und auch nicht kriminologisch hinreichend<br />
erforscht war. 103 Auf nationaler Ebene war jedenfalls klar, dass die Produktpiraterie<br />
i.e.S. den allgemeinen und übergeordneten Begriff darstellt. 104 Die<br />
Produktpiraterie i.e.S. umschrieb nach dem damaligen nationalen Begriffsverständnis<br />
planmäßige, gezielte und massenhafte Schutzverletzungen 105, die sich<br />
durch einen besonders großen Unrechtsgehalt oder hohen Schaden auszeichnen<br />
106. Dabei sollte die identische oder nahezu identische, jedenfalls aber mit einer<br />
Täuschungsgefahr verbundene Nachahmung von immaterialgüterrechtlich geschützten<br />
oder verkehrsbekannten Leistungen Dritter begrifflich erfasst werden,<br />
welche in der Absicht vorgenommen wurde, den Verkehr über die betriebliche<br />
Herkunft der Leistung zu täuschen. 107<br />
Nach der Begriffsbestimmung im Grünbuch der Europäischen Kommission<br />
bezieht sich der Begriff Produkt- und Dienstleistungspiraterie auf alle Erzeugnisse,<br />
Verfahren und Dienstleistungen, die Gegenstand oder Ergebnis einer Verletzung<br />
geistigen Eigentums sind. 108 Diese Begriffsfassung ist recht weit gefasst, so<br />
dass nicht nur die in betrügerischer Absicht kopierten Erzeugnisse, sondern auch<br />
originalgetreue Erzeugnisse erfasst werden, soweit diese ohne Zustimmung des<br />
Rechteinhabers hergestellt wurden 109, etwa weil Lizenzvolumina des Herstellenden<br />
bereits erschöpft sind. Im Umkehrschluss zu dieser weiten Begriffsfassung ist<br />
wohl ein ebenso weiter Leistungsschutz erwünscht. Ob und inwieweit sich diese<br />
leistungsschutzorientierte Definition der Produktpiraterie im Rahmen einer euro-<br />
101 Grünbuch der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt-<br />
und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt, KOM (98) 569 endg. vom 15.10.1998, S. 7.<br />
102 S. Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm, Markenpiraterie, § 1, Rn. 42; Levin, GRUR Int. 1987,<br />
18, 21.<br />
103 Cremer, Mitt. 1992, 153, 153.<br />
104 Cremer, Mitt. 1992, 153, 153; Harte-Bavendamm, in: Harte-Bavendamm, Markenpiraterie, § 1,<br />
Rn. 37; Levin, GRUR Int. 1987, 18, 27; Müller-Gugenberger/Bieneck/Gruhl, WiStrR, § 55,<br />
Rn. 12.<br />
105 Cremer, Mitt. 1992, 153, 153; Hubmann/Götting, § 2, Rn. 35.<br />
106 Cremer, Mitt. 1992, 153, 153.<br />
107 Levin, GRUR Int. 1987, 18, 27; Meister, Leistungsschutz und Produktpiraterie, S. 32.<br />
108 Grünbuch der Europäischen Kommission, a.a.O., S. 7.<br />
109 Grünbuch der Europäischen Kommission, a.a.O., S. 7.