Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Übertragung der allgemeinen Strafrechtslehren zur Lösung <strong>markenstrafrechtliche</strong>r Irrtumsprobleme 177<br />
kenG bereits hinreichend beschreibt oder ob dazu außerdem die Zustimmung des<br />
Markenrechtsinhabers und das Eingreifen etwaiger Schutzschranken fehlen müssen.<br />
Weder Wortsinn noch Historie oder Systematik des § 143 Abs. 1 MarkenG<br />
lassen darüber einen Schluss zu. Einzig die teleologische Auslegung des § 143<br />
Abs. 1 MarkenG vermag Klärung zu verschaffen. Zur Erörterung steht daher, wie<br />
weit die von § 143 Abs. 1 MarkenG geschützten Rechtsgüter, also die Marke<br />
selbst und darüber hinaus der Innovations- und Qualitätswettbewerb und der<br />
Verbraucherschutz 827, strafrechtlich geschützt sein sollen.<br />
Im Hinblick auf das Individualrechtsgut der Marke geht es dabei im Kern um<br />
die Abwägung zwischen den Interessen des Markenrechtsinhabers an insbesondere<br />
einer weitgehenden Wahrung seines Ausschließlichkeitsrechts an der Marke<br />
und dem Interesse des Rechtsverkehrs an einer weitgehenden Nutzungsmöglichkeit<br />
von der – durch die Marke ansonsten privatisierten – bezeichnenden Sprache<br />
und zeichenhafter Symbole zu bestimmten Zwecken 828. Diese Abwägung wird<br />
insbesondere auch am Ergebnis der hier vorgenommenen Erörterung deutlich.<br />
Versteht man bereits die fremde Markenbenutzung per se als das typische Unrecht<br />
hinreichend beschreibend, so befindet sich der über Zustimmung oder Schutzschranken<br />
irrende Markenrechtsverletzer lediglich in einem Erlaubnistatumstandsirrtum.<br />
Demgegenüber befindet er sich nach anderem Verständnis in einem bereits<br />
unmittelbar nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB den Vorsatz ausschließenden Tatumstandsirrtum.<br />
Seine Strafbarkeit wird also bereits zu einem strafrechtssystematisch<br />
früheren Zeitpunkt verneint, wenn auch beide Verständnisse freilich letztlich zum<br />
gleichen Ergebnis führen. So betrachtet zieht das letztere Verständnis das Interesse<br />
des Rechtsverkehrs denjenigen des Markenrechtsinhabers insoweit vor. Dies<br />
beachtet allerdings die Interessen des Markenrechtsinhabers nur in ihrem auf erstem<br />
Blick sich aufdrängenden Schwerpunkt und somit nur vordergründig. Ein<br />
Markenrechtsinhaber kann nämlich durchaus neben dem Gesichtspunkt der Wahrung<br />
seines Ausschließlichkeitsrechts auch ein Interesse an der Nutzung der Marke<br />
gerade auch durch andere haben. Wenn etwa seine eigenen Produktions-, Organisations-<br />
oder Vertriebskapazitäten nicht ausreichen, kann er z.B. den Wert<br />
seiner Marke zu seinem Vorteil ausbeuten, indem er ihre Nutzung ganz oder teilweise<br />
an andere lizenziert (§ 30 MarkenG). Die – freilich entgeltliche – Nutzung<br />
von Marken durch andere als dem Markenrechtsinhaber ist sogar – wie bei ande-<br />
827 Vgl. oben (Hpttl., 2. Tl., 4. Abschn.).<br />
828 Das Markenrecht monopolisiert regelrecht Teile der Sprache; vgl. Albrecht, GRUR 2000, 648, 649.<br />
Diese – bei jedweder Gewährung geistigen Eigentums vorgenommene – Monopolisierung dient<br />
dem Innovationsschutz und Investitionsschutz; vgl. Kirchner, GRUR Int. 2004, 603 ff. Sie wird<br />
als geringeres Übel zur Beseitigung des gravierenderen Übels einer unvergüteten Leistung für<br />
die Allgemeinheit durch den besonders innovativen oder kreativen Anbieter hingenommen; vgl.<br />
Ganea, GRUR Int. 2005, 102, 103.