Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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Geschützte Rechtsgüter und Qualifizierung der Markendelikte 45<br />
4. Abschnitt: Geschützte Rechtsgüter und Qualifizierung der Markendelikte<br />
A. Schutz individueller Rechtsgüter<br />
Die wesentliche Funktion des Strafrechts ist es, als Mittel zur Wahrung des sozialen<br />
Friedens Rechtsgüter (vor Gefährdung oder Verletzung) zu schützen, und<br />
zwar als ultima ratio subsidiär zum Zivilrecht. 233 Die Bestimmung der durch das<br />
Markenstrafrecht geschützten Rechtsgüter ist nicht nur für die Auslegung der<br />
<strong>markenstrafrechtliche</strong>n Normen, sondern mittelbar auch für die später erfolgende<br />
Festlegung der Vorsatzgrenze im Markenstrafrecht relevant. Im Markenstrafrecht<br />
wird als Rechtsgut im strafrechtlichen Sinne zuallererst die Marke selbst 234 bzw.<br />
präziser das Recht eines Rechtssubjektes an einer Marke 235 geschützt. Dies soll<br />
vorrangig dem zuständigen Rechtssubjekt selbst, also dem Markenrechtsinhaber<br />
dienen. 236 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Markenrecht parallel<br />
zum Eigentum strukturiert ist und somit eine unter Art. 14 Abs. 1 GG fallende<br />
Rechtsposition darstellt. 237 <strong>Der</strong> strafrechtliche Rechtsgüterschutz ergänzt den<br />
zivilrechtlichen und orientiert sich dabei gleichermaßen am Zweck 238 des Markenrechts<br />
insgesamt. Das Markenstrafrecht schützt demnach schwerpunktmäßig die<br />
Marke, mithin ein individuelles Rechtgut.<br />
B. Schutz universeller Rechtsgüter<br />
Fraglich ist, ob über den Individualrechtsgüterschutz hinaus durch das Markenstrafrecht<br />
auch universelle Rechtsgüter 239 geschützt werden sollen. Teilweise wer-<br />
233 Vgl. BVerfGE 39, 1, 44 ff.; Haas, Untreue, S. 19; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 5; NK-<br />
StGB-Hassemer/Neumann, Vor § 1, Rn. 108 ff.; Roxin, AT I, § 2, Rn. 1; § 3, Rn. 1; Schlüchter, Irrtum<br />
über normative <strong>Tatbestand</strong>smerkmale, S. 194; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, Vorbem.<br />
§§ 38 ff., Rn. 1; SK/StGB/Rudolphi, Vor § 1, Rn. 2.<br />
234 Ekey/Klippel/Ekey, HK-MarkenR, § 143 MarkenG, Rn. 5. Demgegenüber weist die tabellarische<br />
Übersicht in Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht BT, Rn. 22 im weiteren Sinne das Vermögen in<br />
Form gewerblichen Eigentums als durch das MarkenG strafrechtlich geschützt aus.<br />
235 Schiwek, Markenpiraterie, S. 40.<br />
236 BVerfGE 51, 193, 216 ff.<br />
237 Dazu, dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG das sogenannte geistige Eigentum einschließlich<br />
der Marken einbezieht, s. Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 14, Rn. 150;<br />
Wieland, in: Dreier, Art. 14 GG, Rn. 51 f.<br />
238 Dieser wird in der Literatur unter dem Stichwort „Funktionenlehre“ erörtert. Zu den vielseitigen,<br />
auf der grundlegenden Unterscheidungsfunktion aufbauenden Markenfunktionen vgl. Busse,<br />
Warenzeichengesetz, Einf. 1; Fezer, MarkenG, Einl. D, Rn. 1 ff.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, Einl.,<br />
Rn. 72 f.; Nordemann/Nordemann/Nordemann, Wettbewerbsrecht. Markenrecht, Rn. 2001 f. und<br />
2141 f. Vgl. zum vorrangigen Schutz des Gewerbetreibenden bereits RGSt 29, 312, 315.<br />
239 Diese werden auch überindividuelle, kollektive, soziale, abstrakte oder Gemeinschafts-<br />
Rechtsgüter genannt. Vgl. Heinrich, Amtsträgerbegriff, S. 262 m.w.N.; Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht<br />
AT, Rn. 45. Instruktiv zum strafrechtlichen Schutz kollektiver Rechtsgüter Hefendehl,<br />
Kollektive Rechtsgüter, S. 1 ff.