Der markenstrafrechtliche subjektive Tatbestand
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86 Begriff und Konzeption der <strong>subjektive</strong>n Zurechnung<br />
mit der heute herrschenden Lehre vom personalen Unrecht 432 der Vorsatz weitestgehend<br />
in den <strong>Tatbestand</strong> übernommen worden und begründet somit den<br />
wesentlichen Teil des <strong>subjektive</strong>n <strong>Tatbestand</strong>es, da sich der soziale Sinn einer<br />
<strong>Tatbestand</strong>shandlung nur erfassen lässt, wenn man den Vorsatz des Täters berücksichtigt<br />
433, typisches Unrecht also nicht abgelöst von den Tätervorstellungen<br />
in der konkreten Lebenssituation verwirklicht werden kann.<br />
<strong>Der</strong> klassische Fahrlässigkeitsbegriff grenzt die Beurteilung eines Verhaltens<br />
als Unrecht nicht hinreichend ein, indem er diese einzig an äußerlichen Merkmalen,<br />
insbesondere an der Kausalität eines Verhaltens für einen Erfolg ausrichtet<br />
ohne Rücksicht auf zumindest die Beherrschbarkeit des Geschehensablaufs durch<br />
den jeweils Handelnden. 434 Soll aber nicht nur die verursachte Tatfolge, d.h. der<br />
tatbestandliche Erfolg, das normative Negativum darstellen bzw. als solches bewertet<br />
werden, sondern soll das Strafrecht darüber hinaus Verhalten lenken, so<br />
muss bereits das typisierte Unrecht der Fahrlässigkeit den Aspekt der individuellen<br />
Vermeidbarkeit 435 von Rechtsgutsbeeinträchtigungen umfassen. Anderenfalls wäre<br />
Gegenstand der Bewertung lediglich ein naturgesetzlicher Kausalverlauf. Dieser<br />
spielt sich jedoch jenseits und unabhängig vom Recht ab. Dagegen sind lediglich<br />
menschliche Handlungen normativen Bewertungen zugänglich. 436 Ein Unwerturteil<br />
über eine Tat ist demnach nur unter Berücksichtigung auch <strong>subjektive</strong>r Elemente,<br />
also der Täterpsyche, möglich. 437 Demzufolge müssen Faktoren der Täterpsyche<br />
bereits auf die Ebene des strafrechtlichen Unrechts Einfluss nehmen 438,<br />
muss die Fahrlässigkeit also – jedenfalls auch – den <strong>Tatbestand</strong> betreffen. 439 Dies<br />
432 Für eine Darstellung u.a. der historischen Entwicklung des personalen Unrechts s. Duttge, in:<br />
Jehle/Lipp/Yamanaka, S. 195 ff. Sehr instruktiv zur Entwicklung der personalen Unrechtslehren<br />
auch Mylonopoulos, Handlungs- und Erfolgsunwert.<br />
433 Roxin, AT I, § 7, Rn. 24 f.; § 10, Rn. 8 f. und 61. Für eine frühe Untersuchung <strong>subjektive</strong>r Unrechtselemente<br />
siehe Mezger, GS 89 (1924), 207 ff.<br />
434 Vgl. Schönke/Schröder/Cramer/Sternberg-Lieben, § 15, Rn. 115. Auch nach Kühl, AT, § 17, Rn. 9<br />
würde ein sich lediglich in der kausalen Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges erschöpfender<br />
Fahrlässigkeitstatbestand keine ausreichende Vertypung strafwürdigen Unrechts<br />
darstellen.<br />
435 Zur Maßgeblichkeit der individuellen Fähigkeiten des Täters bei der Bemessung der von diesem<br />
i.R.d. Fahrlässigkeitsprüfung zu erwartenden Vorsicht bereits Frank, Strafgesetzbuch für das<br />
Deutsche Reich, S. 195 f.<br />
436 Vgl. MünchKommStGB/Duttge, § 15, Rn. 88.<br />
437 Bezüglich der allgemeinen Strafrechtsdogmatik vgl. Roxin, AT I, § 7, Rn. 16 und 25.<br />
438 Für eine personale Komponente des strafrechtlichen Unrechts auch Burkhardt, in: Wolter/Freund,<br />
S. 130. In Roxin, AT I, § 7, Rn. 16 ist die Rede von einer Umstrukturierung des<br />
klassischen Verbrechensaufbaus durch das „neoklassische“ System und der in diesem Zuge erfolgenden<br />
Anerkennung auch <strong>subjektive</strong>r Unrechtselemente. Näher zum heute vorherrschenden<br />
„zweckrationalen Strafrechtssystem“ s. Duttge, in: Jehle/Lipp/Yamanaka, S. 197 ff.<br />
439 Damit ist NK-StGB-Puppe, § 15, Rn. 1 insoweit zuzustimmen, als sich ein zentrales Element der<br />
Fahrlässigkeit mit der modernen Lehre von der objektiven Zurechnung als Unrechtselement<br />
erwiesen habe. Ob sich dieses Element der Fahrlässigkeit als Sorgfaltspflichtverletzung, etwa<br />
nur einer objektiven, ausdrücken lässt, bedarf allerdings noch weiterer Erörterung. Nach Yama-