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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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kommt es zu e<strong>in</strong>em gravierenden Missverständnis. Die<br />

notwendige Konsequenz, die Wright richtigerweise selbst<br />

daraus zieht, ist, dass Regeln gleichsam sich selbst<br />

dienen, sofern wir sie nicht bewusst an e<strong>in</strong> bestimmtes Ziel<br />

anknüpfen. "Rules govern<strong>in</strong>g a practice can be excused<br />

from any external constra<strong>in</strong>t – so just 'up to us', as it were<br />

– only if <strong>the</strong> practice itself has no overall po<strong>in</strong>t which a<br />

badly selected rule might frustrate." (Wright 2004:43)<br />

Aus diesen Überlegungen ergibt sich für Wright <strong>in</strong><br />

der Folge e<strong>in</strong> wesentliches Problem e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternalistischen<br />

Auffassung von Sprache. Wenn es der Fall ist, dass<br />

ausschließlich die sprachliche Praxis – und damit die<br />

Befolgung bestimmter Regeln – unseren Worten<br />

Bedeutung verleiht, dann sche<strong>in</strong>en wir von dem, wie die<br />

Welt wirklich ist, abgekoppelt zu werden. "[I]t is our<br />

l<strong>in</strong>guistic practice itself that is viewed as conferr<strong>in</strong>g<br />

mean<strong>in</strong>g on <strong>the</strong> statements it <strong>in</strong>volves – <strong>the</strong>re is no<br />

mean<strong>in</strong>g-conferrer st<strong>and</strong><strong>in</strong>g apart from <strong>the</strong> rules of practice<br />

<strong>and</strong> no associated external goal." (Wright 2004:45).<br />

Deshalb me<strong>in</strong>t Wright bei Wittgenste<strong>in</strong> e<strong>in</strong> metaphysisches<br />

Projekt zu erkennen: Wie wir von der Welt sprechen,<br />

könnte davon abweichen, wie es sich wirklich verhält. "In<br />

tak<strong>in</strong>g it for granted [...] that type III propositions 'might just<br />

be false' – as a matter of metaphyiscal bad luck, as it were<br />

– I-II-III scepticism sets out its stall aga<strong>in</strong>st <strong>the</strong> <strong>in</strong>ternalism<br />

of <strong>the</strong> Investigations." (Wright 2004:45)<br />

Diese Kritik ist aber verfehlt. Regeln und Praxis<br />

haben für Wittgenste<strong>in</strong> Bezug zur Wirklichkeit <strong>in</strong>sofern, als<br />

sich etwa e<strong>in</strong> ma<strong>the</strong>matischer Satz erübrigen würde, wenn<br />

Gegenstände sich nicht mehr <strong>in</strong> gewohnter Weise<br />

verhalten. (vgl. BGM I, 37) Wittgenste<strong>in</strong>s Ansatz trennt uns<br />

nicht von der Welt und ihren Tatsachen ab, auch wenn die<br />

D<strong>in</strong>ge uns nicht zu e<strong>in</strong>em bestimmten Urteil zw<strong>in</strong>gen<br />

können (d.h. es ist ke<strong>in</strong>e metaphysische Notwendigkeit<br />

dar<strong>in</strong>, welchen Schluss wir aus Erfahrungen ziehen). Der<br />

Verweis auf e<strong>in</strong>e externe Wahrheit, nach welcher sich<br />

unser Forschen auszurichten hat, ist h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong><br />

Versuch, die Grenzen unserer Sprache zu verlassen. Wie<br />

soll mit e<strong>in</strong>er externen Wahrheit verglichen werden? Wie<br />

soll sie erkannt werden? Die Frage, wonach wir die Wahr-<br />

oder Falschheit e<strong>in</strong>es Satzes festlegen sollen, bleibt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Modell, wie es Wright vorschlägt, notwendig<br />

unbeantwortet. Damit wird allerd<strong>in</strong>gs unklar, was<br />

"Wahrheit" bedeutet. Die Forderung Wrights, Wissenschaft<br />

habe nach Wahrheit zu streben, entpuppt sich <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang als s<strong>in</strong>nlos.<br />

Ich werde nun näher auf Wrights Charakterisierung<br />

von Typ III Aussagen als Regeln und damit auf se<strong>in</strong>e<br />

Auslegung von h<strong>in</strong>ge propositions e<strong>in</strong>gehen. Dabei wird<br />

sich zeigen, dass Wrights Beschreibung dieser Sätze nicht<br />

stimmig ist. Se<strong>in</strong>e Grundhaltung ist jene, dass h<strong>in</strong>ge<br />

propositions – zu denen er auch e<strong>in</strong>fache ma<strong>the</strong>matische<br />

Sätze zählt – als Regeln gedeutet werden können. (E<strong>in</strong>e<br />

solche Leseart vertritt auch Marie McG<strong>in</strong>n <strong>in</strong> ihrem Buch<br />

Sense <strong>and</strong> Certa<strong>in</strong>ty, wenngleich sie e<strong>in</strong>e von Wright <strong>in</strong><br />

wesentlichen Punkten abweichende Auffassung des<br />

Regelcharakters dieser Sätze verteidigt.)<br />

In welcher Weise aber besitzen h<strong>in</strong>ge propositions<br />

Regelcharakter? Wright schreibt: "The cases [dies bezieht<br />

sich auf se<strong>in</strong>e Unterteilung von h<strong>in</strong>ge propositions <strong>in</strong> drei<br />

Gruppen] are [...] unified [...] by <strong>the</strong>ir constitut<strong>in</strong>g or<br />

reflect<strong>in</strong>g our implicit acceptance of various k<strong>in</strong>ds of rules<br />

of evidence." (Wright 2004:42) und bestimmt rules of<br />

evidence anh<strong>and</strong> folgenden Beispiels: "Imag<strong>in</strong>e that you<br />

count <strong>the</strong> pieces of fruit <strong>in</strong> a bowl conta<strong>in</strong><strong>in</strong>g just satsumas<br />

<strong>and</strong> bananas. You get thirteen satsumas <strong>and</strong> <strong>the</strong>n seven<br />

bananas but when you count all <strong>the</strong> fruits toge<strong>the</strong>r, you get<br />

twenty-one. Yet you seem to have made no mistake, <strong>and</strong><br />

Wright, Wittgenste<strong>in</strong> und das Fundament des Wissens — Frederik Gierl<strong>in</strong>ger<br />

no piece of fruit is added or removed – so it seems –<br />

dur<strong>in</strong>g <strong>the</strong> three counts. [...] Accord<strong>in</strong>g to <strong>the</strong> mooted<br />

account, <strong>the</strong> necessity of 13 + 7 = 20 is somehow<br />

grounded <strong>in</strong> <strong>the</strong> fact that such appearances are not<br />

allowed collectively to st<strong>and</strong> as veridical. Ra<strong>the</strong>r, we<br />

<strong>in</strong>exorably dismiss <strong>the</strong>m out of h<strong>and</strong> – 'You must have<br />

miscounted somewhere', 'Ano<strong>the</strong>r piece of fruit must<br />

somehow have been slipped <strong>in</strong>', etc." (Wright 2004:34)<br />

Wright behauptet also, dass wir uns weigern, etwas<br />

<strong>and</strong>eres als 20 zum Ergebnis zu nehmen, wenn wir 13 und<br />

7 zusammen zählen. Nur was mit dem ma<strong>the</strong>matischen<br />

Satz <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang steht, ist für uns als Evidenz zulässig; e<strong>in</strong><br />

<strong>and</strong>eres Ergebnis akzeptieren wir nicht. Der<br />

ma<strong>the</strong>matische Satz kann nach diesem Verständnis nicht<br />

falsch se<strong>in</strong> und er kann nicht falsch se<strong>in</strong>, weil wir all jene<br />

Fälle, die ihn als falsch zeigen könnten, von vornhere<strong>in</strong><br />

ausschließen. Wright schreibt diese Ansicht Wittgenste<strong>in</strong><br />

zu.<br />

Untersuchen wir das Beispiel genauer: Wright<br />

schildert e<strong>in</strong>e Situation, <strong>in</strong> der ich e<strong>in</strong>en Fruchtkorb vor mir<br />

habe und zuerst e<strong>in</strong>en Stoß mit 13 M<strong>and</strong>ar<strong>in</strong>en zähle und<br />

dann e<strong>in</strong>en Stoß mit 7 Bananen und dann lege ich beide<br />

Stöße zusammen und zähle 21. Möglicherweise wollte ich<br />

sicher gehen, wie viele Früchte es s<strong>in</strong>d. Dann b<strong>in</strong> ich jetzt<br />

erst recht unsicher. Ich zähle also nochmals sorgfältig und<br />

hierbei wird sich (hoffentlich) herausstellen, dass ich mich<br />

entweder hier oder da verzählt habe. Aber, und dies ist<br />

entscheidend, ich verwerfe das Urteil, es seien 21, nicht<br />

auf Basis me<strong>in</strong>er Überzeugung, dass gilt "13 + 7 = 20",<br />

sondern ich verwerfe das Urteil, es seien 21, weil ich<br />

vermute, irgendwo falsch verfahren zu se<strong>in</strong>. D.h. ich hege<br />

ke<strong>in</strong>en Zweifel an der Korrek<strong>the</strong>it der empirischen<br />

Tatsachen, sondern an der korrekten Durchführung des<br />

üblichen Verfahrens, solche empirischen Tatsachen zu<br />

untersuchen. (Es könnte beispielsweise se<strong>in</strong>, dass ich e<strong>in</strong>e<br />

Frucht zweimal gezählt habe, etc. Und das kommt ja vor,<br />

dass man etwa beim Kartenspiel die Karten zählt und weiß<br />

es müssen 52 se<strong>in</strong>, aber man zählt bloß 51. Man wirft<br />

e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> die Schachtel, ob vielleicht noch e<strong>in</strong>e Karte<br />

dar<strong>in</strong> liege, und falls nicht, zählt man nochmals mit<br />

größerer Sorgfalt. Aber der Evidenz misstraue ich <strong>in</strong><br />

diesem Fall nicht weil „1 + 1 + 1 + ... = 52“, sondern weil<br />

ich weiß, dass im Kartenspiel 52 Karten se<strong>in</strong> sollen.) D.h.:<br />

Wenn wir den ma<strong>the</strong>matischen Satz über Evidenz<br />

erheben, so nicht darum, weil wir die Tatsachen an sich <strong>in</strong><br />

Frage stellen, sondern weil wir e<strong>in</strong>en Fehler <strong>in</strong> der<br />

Anwendung e<strong>in</strong>es Verfahrens, dass wir addieren nennen,<br />

vermuten. Es ist zwar denkbar, dass Evidenz <strong>in</strong><br />

bestimmten Situationen übergangen wird, (vgl. BGM I, 37),<br />

aber dies ist nicht, worauf Wright hier anspielt.<br />

Aus dieser defizitären Bestimmung ma<strong>the</strong>matischer<br />

Sätze als Regeln ergeben sich <strong>in</strong> der Folge auch<br />

Schwierigkeiten h<strong>in</strong>sichtlich der Bestimmung von h<strong>in</strong>ge<br />

propositions als Regeln. Wright behauptet, es verhalte sich<br />

mit "Ich habe zwei Hände" auf gleiche Weise, wie mit<br />

e<strong>in</strong>fachen arithmetischen Aufgaben. Mit <strong>and</strong>eren Worten:<br />

er versieht h<strong>in</strong>ge propositions mit der gleichen Rolle wie<br />

ma<strong>the</strong>matische Sätze und schließt, dass wir gewöhnlich<br />

an unserer Überzeugung, zwei Hände zu haben,<br />

festhalten, auch wenn wir gegenläufige Erlebnisse haben.<br />

"My certa<strong>in</strong>ty that I have two h<strong>and</strong>s will 'st<strong>and</strong> fast' above<br />

<strong>the</strong> flow of evidence mak<strong>in</strong>g [...]. Were I to have a – visual,<br />

or tactual – impression that I did not have two h<strong>and</strong>s, <strong>the</strong>n<br />

I should treat it just on that account as unrealiable."<br />

(Wright 2004:36f)<br />

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